Foucault_aus einem Gespräch mit Claude Bonnefoy_1968

‚… Ich lese all diese Texte, indem ich mit jeder Vertrautheit breche, mit der wir mit ihnen stehen können, indem ich alle Effekte von Wiedererkennung vermeide. Ich versuche sie in ihrer Singularität hinzustellen, in ihrer grösstmöglichen Fremdheit, und zwar, damit der Abstand, der uns von ihnen trennt, zutage tritt, um meine Sprache, meinen Diskurs in diesen Abstand selbst einbringen zu können, in diese Differenz, in die wir uns versetzt sehen und die wir in Bezug zu ihnen sind. Umgekehrt muss mein Diskurs der Ort sein, an dem diese Differenz erscheint.——-

Somit besteht die Rolle des Schreibens für mich im Wesentlichen darin, eine Distanz zu schaffen und zu vermessen. Schreiben heisst, sich in diesem Abstand einzurichten, der uns vom Tod trennt—-

Da mir die Möglichkeit, zu sprechen verweigert war, habe ich das Vergnügen, zu schreiben entdeckt. Zwischen dem Vergnügen zu schreiben und der Möglichkeit, zu sprechen besteht ein gewisses Verhältnis der Inkompatibilität. Da, wo das Sprechen nicht mehr möglich ist, entdeckt man den geheimen, schwierigen, etwas gefährlichen Charme des Schreibens.‘—

(M.Foucault an Claude Bonnefoy, 1968)

 

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