Nach vielen Jahren Drauflosschreibens (Ecriture automatique), kreisförmigen Schreibens, habe ich mich beim „Glaubenssatz“ dazu durchgerungen (durch Überlegungen), dass ich in irgendeiner Form Kapitel schaffen muss, die in sich so was wie ein Ende und Anfang haben.
Damit habe ich mir Probleme für weitere Jahre geschaffen. Denn ich hatte dann immer Stoff übrig, der zwischen den einzelnen Kapiteln dazwischen hinab fiel. Stoff, der dann aber nicht reichte für weitere Kapitel. Wäre dieser Stoff das Entscheidende gewesen? Im Nachhinein denke ich, dass ich unendlich viel Stoff verloren habe, liegenlassen musste, nur, um eine Art Struktur auf die Beine zu stellen.
Was auch verloren ging, ist die die zeitliche Verbindung innerhalb der Kapitel. Irgendwann haben die frühen Kapitel, die Kapitel der Frechjeanne, alt ausgesehen und ich versuchte sie durch eine 2.Erzählperson, ein Alterego, mit der reifen Jeanne, der Tränenjeanne zu verbinden. Dieses Alterego sollte solange die Erzählstimme übernehmen, bis ich respektive meine Protagonistin endlich in der aktuellen Jetztzeit angekommen ist…. wäre; in dem Moment würde sie sich aufgelöst haben.
Ich habe das dann wieder zurück verwandelt, weil es auch nicht auf ging.
Ich wollte eigentlich- im Glaubennsatz- für jedes meiner ICH ein anderes ICH, aus dem hervorgeht, dass sich die Protagonistin verändert, so, wie sich die Zeit ändert, aber was hätte das am „Anfang“ geändert, am liederlichen „Anfangscharakter“ der Geschichte? Ich erzähle im „Glaubenssatz“ die Geschichte einer Asozialen, die später körperlich erkrankt und mache aber auch klar, dass ich autobiografisch in dieser Geschichte drin stecke, voll und ganz. Also, was kann ich erwarten, wenn ich die Geschichte einer Asozialen erzähle?! Dass jemand so etwas veröffentlichen will?! Da hätte ich schon diese Erzählstimme drin lassen sollen, eine Erzählstimme, schneller als die Zeit, in der ich mich entwickelte (langsam wie eine Schnecke)! Eine Erzählstimme, die den Mist der Protagonistin erklärt und objektiviert, um die ersten drei Kapitel doch noch zu retten.
Unmöglich ist es mir möglich, nocheinmal an einer Prosa-Struktur zu schaffen!
Unmöglich auch, an einer Struktur zu schaffen, um die inhaltliche Ereignislosigkeit, zu überdecken durch eine sprachliche Form.
Unmöglich ist es mir, ein zweites mal eine Vorlage für eine Geschichte auszudenken, an einem Punkt, wo meine Vergangenheit zuende ist, meine Gegenwart ein weiteres Mal nicht anbricht.
Wie also schreibe ich, a: einen längeren Prosatext ohne Inhalt? b: ohne Zeitlichkeit? c: alles Relevante für mich gesagt ist; nur eben: nur auf eine einzige Art gesagt… schreibe ich dasselbe; nur: auf eine andere Art?
Dann muss ich doch sagen: der Inhalt macht die Struktur! Er MUSS!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Denn wenn der Inhalt nicht die Struktur macht; dann bin ich eh verloren!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Der Inhalt müsste in meinem Fall sogar eins gewesen sein: stärker als die Struktur!!!!!!!!!!!!!!!!!! (eben wegen all meiner formal-logischen Fehler/der Inhaltslosigkeit usw)
Natürlich könnte ich eine Tagebuchform wählen. Aber Tagebuch schreibe ja schon!! Einfach: ohne zu denken!!! Der einzige Unterschied wäre dann, dass ich das, was ich spontan sage, auf Form und Inhalt überdenke!! Dass ich Distanz (Ästhetik) hineinbringe in das Ganze. Aber kann ich das, in dem MOMENT, IN DEM ICH SCHÖPFERISCH BIN? Was für ein Schlamassel ergibt sich daraus, wenn ich nachträglich in den Text-Körper (Intuition) eingreife mit dem Gehirn (Vernunft)?) Es ist eine regelrechte Störung!!!!!
Fällt mir ein, dass ich auch nach dieser Strategie (Überarbeitung durch Distanzierung) mit meinem Ex-Partner „gestritten“ habe: ich habe im Nachhinein, manchmal schon während des Konflikts, versucht auf diese Form der Distanz zurückzugreifen. Ich switchte, indem ich versuchte, die gefährlich unregulierten, blitzschnell zuschlagenden Emotionen abzutrennen von diesem Eins:Eins-Charakter….. ihres ERSTERGUSSES!!! Ich versuchte, mich in dem Moment zurückzunehmen und mir vorzustellen, ich sei eine Andere, ein neutraler Gesprächspartner…. ich rang um meinen Kopf…..
… während mein Herz pochte, pochte, pochte…..
(nütze alles nichts.)
(6.4.21)