War heute schnell in the City (medication intus), verfolgte die Idee eines windgeschützten, leichten Parkas. Fand in vier Läden nichts und machte dann zwangsmässig kehrt. Bei der Busstation Rossfeld stieg eine kleine Frau vor mir aus, sie trug einen hellblauen Parka, ein bisschen in der Art, wie er mir vorschwebt: keine Initialen und Logos grosser Sporthäuser, keine viereckigen Taschen und Schnürtaille, schlicht und einfach klassisch zugespitzt, ein wenig wie eine Soutane und fertig.
Ich sprach die Frau von hinten an: „Sie haben genauso eine Jacke, wie ich sie gerade gesucht habe, woher haben Sie sie?“
Die Frau drehte lächelnd den Kopf und machte mit Daumen und Zeigefinger ein kleines Zeichen für „wenig“ oder eine „Prise“.
„Aha, kein Deutsch. Welche Sprache sprechen Sie?“, fragte ich. „Russisch.“ Sagte die Frau. „Ah!“, sagte ich. Und eine Weile sagte niemand mehr etwas. Ich überlegte, ob ich fragen sollte, ob sie aus der Ukraine sei, hier im linksgrünen Quartier der gutbürgerlichen Rossfelder einen Unterschlupf gefunden. Aber dann dachte ich, wenn dem nicht so wäre, und die Frau wäre einfach Russin, dann hätte sie meine Frage vielleicht beschämt. Ich habe schon Russen sagen hören, dass sie sich schämen Russen zu sein, und das ist so vertrackt, denn: was können die dafür, was kann diese Frau dafür, dass der, der ihr Land regiert aktuell einer der psychisch kränksten Despoten auf diesem Globus ist?! Ich habe also nichts gesagt, ausser: „Schöner Tag noch!“ Und als sie mich überholte, fragte ich: was das heisst auf Russisch. „Paka“, sagte sie. ( Und nun bin ich ein wenig enttäuscht, weil das nur Tschüss heisst.)
Schon nach wenigen Metern traf ich wieder eine Frau mit einem klassischen, schlichten Überwurf, der auch ganz oke aussah, und einen Moment lang wollte ich die Frau ansprechen. Und ich stellte mir vor, wie sich dieselbe Szene wiederholte. „Schöne Jacke!“ – „Ich nicht Deusch…“ – „Welche Sprache?“ – „Russisch?“ – „Ah!“ – —————————————————————– „Schöner Tag noch!“ ———————————————————————-„Paka!“
Und so würde es weitergehen, immer weiter und weiter.
Noch wegen der Sprache: Natürlich ist sie das einende und verbindende Element zwischen den Menschen. Gleichzeitig kann man sich dank ihr aber auch abgrenzen und zwar deutlich. Die gleiche Sprache sprechen, ist eine tolle Sache, weil es möglich ist, einen Konsens zu suchen und finden mithilfe der Sprache. Ich meine, wenn es kompliziert wird, dann ist es unabdingbar, dass man sprechen kann und sich verständigen! Man könnte im Zwist sogar der Sprache zuliebe einen Frieden finden, ja, nur aus Vernarrtheit in die grenzenlosen Möglichkeiten des intellektuellen Austauschs, den eine solche Sprache, die beide sprechen, möglich macht. Die gleiche Sprache sprechen, könnte bedeuten, dass es gar nicht anders geht, als zu einer gemeinsamen Lösung zu gelangen, weil das Tool und die Technik dazu vorhanden sind.
Jeder Tag, an dem dieser Krieg nicht aufhört, ist ein weiterer Tag für ein Indiz, dass die Zuständigen im Miteinandersprechen versagen.