3004_das ärgerlichste Resumée_3

Einmal fing ich an den besten Freund, zu lieben. Da dachte ich, dass ich nun für immer das Problem gelöst habe. Das Apollinische und das Dionysische fusionierte, die Freundschaft, dieses Fundament, das den Dionysos auf sich tragen und immer neu Funken schlagen kann… ermöglichte diese Verbundenheit, die nicht im Rausch zueinander kommt, nicht in der abstrakten herrlichen Anziehung durch das Andere. Diese Liebe dauerte kurz, denn Dionysos Flammen waren klein, sie erloschen wieder. Und bald war diese Beziehung wieder im Status der Freundschaft, für mich, versteht sich, für mich war es so, eben nicht für den andern ….. Und also begann ein Theater, weil ich den Freund nicht verlieren wollte als Freund, und weil ich seine Liebe doch immer noch nehmen wollte, gerne auch nebst der Freundschaft. Man könnte vielleicht sagen, ich hielt ihn hoch, ich liebte ihn für seine Liebe zu mir, ich war ihm zu solchem Dank verpflichtet, dafür dass er mich liebte und kein Arschloch war. Aber, he, war nicht ich dafür ein Arschloch, diesmal!? Nun ja, ich habe ihn ja nicht gezwungen, sich weiterhin in dieser Weise an mich zu binden, obschon von meiner Seite her diese Bindung freundschaftlich war, ich habe das offen kommuniziert, ich habe ihn teilhaben lassen an jedem einzelnen meiner Gedanken, meiner jahrelangen Unfähigkeit, mich wirklich von ihm zu lösen, weil Dionysos nicht leben kann, nicht richtig leben kann zwischen uns. Ich habe ihm gesagt, tausendmal, dass ich nicht weiss, was von diesem Dionysos zu halten ist!? Dass Dionysos nur ein Egoist, nur der Ingegriff der egoistischen Freiheit ist, nur Natur und Zufall, dass aber dagegen seine Liebe (die Liebe meines besten Freundes) zu mir und unsere Freundschaft die wahre und richtige Liebe ist, wenn man sie daran bemisst, wieviel Güte und Selbstlosigkeit, wieviel Treue und gute Taten die Beteiligten da hinein stecken in diese gute, nette Liebe des Apollon. Ich habe gedacht, lange Jahre, besser ich bleibe bei diesem Mann, als dass ich das Feuer neu fordere ….. das Feuer ……wird nur mich verbrennen, allein mich. Und was wird von mir übrig bleiben, wenn ich verbrannt bin? Aber, weil Liebe nicht misst, weil sie nicht gut ist, weil sie das und jenes ist und…………

….. fast nie ………..vollkommen alles sein kann …. zwischen zwei Menschen, meine ich…………

….daher bin ich zweigleisig gefahren, und bei meinem Freund geblieben, ohne jemals wieder mit ihm zu verschmelzen und Eros lebendig zu machen. Ich habe Eros verspottet bei ihm und ihm erzählt von all den vulgären, abverreckten erotischen Begegnungen, die ich nebenbei machte  (so viele waren es nicht),

und immer immer scheiterten sie am fehlenden Vertrauen, an dieser tiefen Verbundenheit, die dann doch wiederum nicht in Dionysos lebt, nicht allein in Dionysos, auf jeden Fall. Ich war also nicht einer jener Männer, die eine Ehefrau haben, eine trockene Heilige, daheim, am Herd, die Mutter ihrer Kids, der Boden ihrer Ausflüge und nebenbei erobern sie unbekannte fatale Frauen, indem sie „ins Innere dieser vorstossen/stossen“, ohne sich dessen bewusst zu sein …..

ich war also doch nicht einer jener Jäger, der die Vollkommenheit eines intimem Moment dermassen redundant erleben muss, dass er dieses Erlebnis ständig wiederum mit neuen Frauen wiederholen muss …. neineinein! Das ist für mich nicht Dionysos!!!!!!

Auch war ich nicht der Mensch, der jemals zweigleisig fuhr, im Geheimen, verdrückt durch eine verdrückte, bürgerliche Kultur,

ich fand nur einfach keine Lösung in diesem Dilemma. Aber irgendwann habe ich mich von der Liebe getrennt, die mich geliebt hat, ich bin weggegangen, ich habe gewusst, dass ich jetzt bis zum Schluss allein sein werde. Und alles, was ich wollte war: noch einmal Dionysos in aller Kraft erleben! Ohne an das Danach zu denken! Ohne daran zu denken, dass ich zu schwach sein könnte, meine Ressourcen zu gering, meine Lebensumstände nicht mehr stark genug, mich an Dionysos zu verschenken …..

… und dann ….. mich umzudrehen und davon zu schreiten in den Kältetod. Ich erlebte Dionysos, in mir, meinem Körper, ich war selig, in diesen Augenblicken, viele waren es gemessen an der Seligkeit des Ausschmelzens meines Organismus in ihn. Aber dann, als ich gehen sollte ….. konnte ich mich nicht damit zufrieden geben, mit dem, was ich gekriegt hatte.

Warum sonst wäre ich jetzt in diesem bescheuerten Zustand seit einiger Zeit?

Ich dachte überhaupt nicht daran, dass Dionysos, so schmelzig warm er meinen Organismus mit Leben erfüllt, so grausam kalt meinen Wert als Mensch reduzieren kann, mein Gefühl, in mir daheim zu sein, nicht in ihm ….. Dionysos war so unversöhnlich, so anders als Apollon, der immer irgenwie die Voraussetzung zu einem Kompromiss, einem Frieden ermöglicht, der die Schlichtung, die Freundschaft ermöglicht ….


Dies ist überhaupt kein Thema für mein Testimony. Ich will in meinem Testimony keine Haftungen, kein Insistieren, nur ein Fliessen.

Und zwar auf einem Nebenstrom der Melancholie.

Dies ist Nähkästchenscheissdreck. Dies ist mein letztes Wort dazu. Oder: eines meiner letzten Worte dazu.

(19.5.22)

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