Während eines längerfristigen Schreibtiefs, geprägt von Denkfaulheit und dem überflüssigen Gedanken, dass es Unsinn ist, ein paar banale Gedanken, die man mit grosser Mühe bei sich schon gedacht hat, auch noch zu formulieren, wo sie doch schon gedacht worden sind und somit bereits schon existieren— Wenn auch nur virtuell, in einem Kopf. Aber reicht das nicht, wenn sie nur in diesem einen Kopf gedacht werden, existieren und also sind? Sollen sie doch dort sein und dort bleiben in diesem einen Kopf! Wenn sie schon gedacht werden müssen, was überhaupt keinen Sinn macht, weil sie zu formulieren nach Aussen hin eh nichts bringt. All diese überflüssigen banalen Gedanken existieren ja bereits, jedenfalls für mich, in meinem Kopf—- (Von meinen Gedanken rede ich) Und also warum noch Ausformulieren und für das Aussen sichtbar machen? Reicht es denn nicht, dass all diese Gedanken (die in meinem Kopf drin) bereits existieren, virtuell, in mir?—- Und also warum noch hinaustragen, teilen und share machen, dies macht ja keinen Unterschied! Ob diese Gedanken hier sind, in meinem Kopf oder ausserhalb von meinem Kopf, da draussen, was macht das, was nützt das, was bringt mir dieser Schritt? Ob das, was ich denke, von mir gedacht werden muss, denke ich: sicher nicht, ob es gesagt werden muss, denke ich: sicher nicht, ob es dann existiert, wenn es draussen ist oder nur eine weitere Veräusserung ist, die, verkappt in eine Blase, in einen endlosen Raum hinein knallt, in dem bereits hundermillionenmal ein Gedanke für sich allein um die Wette paddelt—- Diese und andere Gedanken gaben mir gerade zu denken, als ich zum Schluss kam: Spar dir ab sofort die Mühe eines weiteren Gedankens!
Und hier noch die Überlegung: Ich machte sie mir vor mehreren Jahren im Bahnhof Bern, während ich beim Treffpunkt auf einer Bank hockte, den Pendlern zuschaute und ein weisses Sandwich mit viel salziger Butter, aber dünnem Schinken verdrückte:
‚Alles Dicke und Dünne, Riesige und Winzige, Weitäusserliche und Tiefinnerliche interessiert mich. Ein ganz reicher Mensch, so finde ich, kann durch seinen Reichtum ganz ausgedünnt, an innerer Armut ganz reich sein. Er kann in seinem Dicksein ganz dünn, seinem Tiefinnerlichen ganz versalzen, in seinem Weitäusserlichen jedoch ganz überzuckert sein. Hingegen kann ein armer Mensch in seiner Armut ganz reich, durch seinen Reichtum ganz verdickt sein. Er kann in seinem Verdicktsein ganz verstockt, in seinem Verstocktsein ganz tiefinnerlich, in seinem Tiefinnerlichen ganz riesig, in seinem Weitäusserlichen völlig winzig sein. Er kann auch süss sich veräussern. Kann klein eingehen in grosser Weite, gross sich schreien in abgesperrtem Raum. Im Übrigen kann dem Mensch auch alles gleich sein. Satt kann ihm von Nichtsundwiedernichts, versalzen kann ihm alles sein.’
So schaute ich und schaute ich und schaute ich (diese Physiognomien an und durch diese Physiognomien hindurch), als mein Zug davon fuhr. An dieser Stelle endet eine Überlegung abrupt.
(2010/17)
Ich finde keine Antwort, außer dieser, dass Gedanken sehr verschieden sein und daher auch verschiedene potenzielle Möglichkeiten der Weiternutzung beanspruchen können.
Auf Facebook kann ich kaum noch sein, weil ich die Sehnsucht, Sucht oder Zwang der Leute, in Bild und Wort jeden Gedanken, jede Regung zu äußern, zuweilen wie eine Banalitätendusche erlebe.
Manches darf meinetwegen gerne ungeäußert bleiben.
Aber dann gibt es diese Gedanken, die wie Ablagerungen in Blutgefäßen sind und daher so etwas wie Denk-Arteriosklerose hervorrufen. Diese sollten geäußert werden dürfen, finde ich.
Und wer weiß, hinter welchem Nickname sich eine einsame Existenz verbirgt oder eine, die im Angesicht eines leibhaftigen Mitmenschen vor sozialer Angst zu Stein wird. Auch ihr würde ich nachsehen, wenn sie einen sozialen Gewinn daraus zieht, täglich ihr Frühstücksbrötchen zu posten.
Und dann die sozialen Wesen, die aus krankheitsgründen in Isolationshaft leben. Auch die brauchen einen Raum. Aber wie es jeder einschätzt, welche Gedanken nur gedacht und welche in welchem Rahmen geäußert werden, wird verschieden sein. Es gibt nur sehr wenige Menschen, mit denen ich nahezu alles teilen möchte.
Falls dich Gedanken drücken, ich höre und lese sie gern. (Gesetzt den Fall, ich habe keine Migräne oder kognitiven Totalausfall.)
Ich finde diese „Banalitätsduschen“ auf FB eigentlich recht angenehm, liebe MEmi-Philosophie. Diese „künstliche soziale Vernetzung“, die es dort gibt, ist anregend und bizarr. Ich habe mit meiner „Überlegung“, glaube ich, eher einen künstlerischen Konflikt angesprochen. Ich versuche nackte Privatheit (in Isolationshaft) in einen künstlerischen Anspruch hinein zu retten… und mich dort zu verstecken. Aber: ob auf W-press oder FB: du sollst aus Lust mir antworten, Liebe!
Ganz schön! Philosophisch. Auch wieder mit ganz hundshärigem Schluss! Ein so ein Gedanke ist ein Fösel. Er kommt, ob man will oder nicht. Er ist Sprache, und deshalb immer schon das Andere. Das muss man wieder loswerden, den anderen zurückgeben. Eine Art säkulares Gebet, ein Reden in einen Raum, wo den Gedanken vielleicht jemand hört, vielleicht auch nicht; egal, es geht nur darum, ihn abzulegen. Schwabmässig: Herausschwitzen. Er gleitet ja sowieso meist gleich in einen andern rüber ;-)) Run away as fast as you can!
Ich mag, was du da sagst, King Schubidu.
Yeah.You….
Was einen alles zermalmt. Das muss einem ja zu denken geben! – Freak of Nature: Rise!
Yeah
Also gebe ich auch noch meinen Senf dazu, nachdem ich ganz nach dem Kinderlied „Häschen in der Grube sass und schlief“, krank in der Grube lag.
Ihr Text erinnert mich an Stein zu einem Kunstwerk verarbeitet.
Gedanken die gedacht sind wunderschön. All diese Beobachtungen führen sicher weiter.
Bei mir tönt in etwa so, ich war krank, es heilt, ich werde gesund sein.
In der hebräischen Sprache existiert das Wort sein in der Gegenwartsform nicht. Gegenwart passiert in jedem Moment.
Darum einHoch den Gedachten und visionären Gedanken! Ich hüpfe, hüpfe hüpfe………..aus der Grube.