ME-Diary: ordentlicher Streifzug mit ordentlichem ABC

Mich haben Beschäftigungen interessiert, bei denen ich einen unmittelbaren energetisierenden Effekt auf den Organismus verspürte.

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In der Schule wurde dieses Bedürfnis teilweise durch Singen u Turnen abgedeckt. Vielleicht auch durch Aufsatz. Aber eher nicht, wenn ich eine Bilderverknüpfung logisch schliessen musste. Im Turnen kollidierte der pure Genuss an der Bewegung mit dem Wettbewerb, also ging ich nicht mehr hin, denn ich spürte, dass ich von meinem athletischen Bau zu den Besten gehörte. Ich hatte teuflische Angst, wenn ich mich mit den Besten auf der Sprintbahn messen musste. Also gab ich nen Fehlstart vor und durfte mit den lahmen Enten an den Start. Aber der Turnlehrer erkannte den Schwindel und ich musste nochmals an den Start. Diesmal mit der Rekordhalterin.

Dann war es bereits zu spät. Mit genau  Zwanzig. (ich meine das Athletendasein)

Im Verkauf merkte ich, dass die Tätigkeit im Stehen über viele Stunden mich nicht energetisiert. Sie energetisierte mich vielleicht für 1 Stunde. Oder dann hatte ich einen gewünschten Effekt im Organismus, wenn ich einem spannenden Kunden mal ein spannendes Buch empfehlen konnte (das ich natürlich nicht kannte, aber ich wusste ja instinktiv was gut ist, damals).

15.fr 50 im Buchhandel war ein guter Stundenlohn und ich war stolz über mein selbst verdientes Geld. Aber es war klar, dass ich über kurz oder lang zusammenbrechen würde, weil die Blutzirkulation in der aufrechten Position nicht gewährleistet war (seit dem Ausbruch von ME, drei Monate nach Handelsschul-Abschluss, und das man damals hierzulanden noch nicht kannte, nicht kennen wollte, wie heute). Die Kraft, die ich für einen Arbeitsalltag von 5h resp 8h mobilisieren musste, liess mich keine Nacht schlafen. Sie schleuderte einfach in meinem Organismus weiter, wie ein Tumbler, der nach Stopptaste durchgaloppiert und immer heisser schleudert!

Ich hätte also theoretisch einen Job gebraucht, der körperlich sinnvoll ist und den Körper bei der Arbeit kräftigt, statt aushöhlt. Oder aber einen sinnlosen, sehr sehr schönen Job in kleinem Pensum!

Die Energie: das war auch der einzige Grund, warum ich an die Schauspielschule wollte. Nicht, um die Kunst des Rollenspiels zu erlernen, (oder den Text einer Marie Antoinette zu wiedergeben, my God, no), sondern um herauszufinden, wie ich körperlich resp mit meinem entkräfteten und dysregulierten zugleich hochsensiblen Organismus am besten überleben konnte.

Das war lange bevor Berufszweige zur roboterhaften Optimierung der Gesundheit aus dem Boden spriessten. Ich hätte damals vielleicht sogar noch die eine oder andere Handarbeit verrichten oder niederschwellig auf einem Feld arbeiten können, hätte ich das Pensum selbst bestimmen können.

Ausbildungen waren an riesige gegebene Pensen u Präsenzzeiten geknüpft. Ich konnte, wie ich feststellte, nur weiter im Verkauf arbeiten ohne Bildung und abgeschnitten von der Möglichkeit, mich weiterzubilden in einer öffentlichen Institution.

Aber rumstehen in einer Behindertenstiftung den halben Tag lang schiss mich auch wieder an, zumindest auf Dauer.

Halbherzig bewarb ich mich 2004 auf unzählige Kinderstätten als Springerin. Weil Kinder einen unmittelbaren energetischen Effekt auf meinen Körper haben, weil das Licht in ihren Augen einen zur Vernunft/zu den Basics bringt. Im Gegensatz zu den 99% der Erwachsenen, übrigens, die mir immer nur die Kraft entsogen u das Licht ausraubten, allen voran die Lehrer, Erzieher, Ärzte und Psychiater.

Aber da kam eben wieder das Problem mit den Erwachsenen ins Spiel, ja. Ich konnte nicht einfach mit den Kindern spielen und zu ihnen schauen. Ich musste den Krippenleiterinnen zeigen u erklären, dass ich „erzieherisch operiere“. Diese wollten ja wissen, ob ich auch gesellschaftstauglich bin, und also als Vorbild für Kleinkinder durchgehen könnte. Hahaha. (Ja, nein, ich war seelisch viel zu schwach für die Schönheit und die Schicksale von kleinen Kindern).

Und also was heisst das Anderes, als dass sie gleich wieder ein Geständnis wollten von mir für die sozialen Strukturen, da draussen, ein solides Ja zum Leben verbaut mit seinen Grundfesten. Und alles Mögliche solcher Dinge! Musste ich beweisen in der Kita im Holenacker. Eine Verantwortung, die mich irgendwie vereiste, innerlich. Tschuldige, Irrtum! rief ich stumm. Kinderhüten hat keinen direkten energetisierenden Einfluss auf meinen Organismus, sobald eine Aufsichtsperson auf der Bühne erscheint. Ich fühlte mich dann gezwungen, die Seite zu wechseln: von den Kindern, von mir selbst zu den Theaterdarstellern des Lebensernsts. Und da war es aus mit mir. Ciao.

Also wurde das mit dem Babysitten nichts, einmal abgesehen von meiner Knuddelmuddel Nichte, die wir uns gegenseitig viel Freude machten; sie als Kleinkind, ich als junge Tante. (Aber dann wurde es traurig, als sie als heranwachsendes Kind sehen musste, dass ich mit ihr nicht Fallschirmspringen konnte. Dass ich nicht mal mehr mit ihr ins Schwimmbad gehen konnte. Ich fand keine Worte für sie. Dann wurde sie zum Glück gross und verschwand in ihrem eigenen Leben. Mein Anblick vor ihren Augen, die die schönsten braunen Rehaugen sind, die ich je sah, hätte mich nur noch zerrissen vor Schmerz wäre ich länger präsent gewesen in dieser verkrüppelten Weise, entgegen meiner ursprünglichen Vitalität dahinsiechend !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich will vor Kinderaugen schön aussehen!!!!)

Servieren wär ich gern gegangen, damit habe ich geliebäugelt. Weil Kaffee rauslassen oder sogar Brutzeln von schwarzem Kaffee in der echten Kanne (so wie die Serviertochter im Wendys es getan hat, bevor die Starbuckskette ihren dämlichen Kaffeekitsch in dieser schönen Lokalität ausbreitete) hat etwas Beruhigendes u Lustvolles. Man umfasst einen Behälter mit einem u.a. warmen Getränk drin und stellt es auf einen Tisch vor einen leibhaftigen Menschen.

Aber kaum wurde mir diese abenteuerliche  Möglichkeit geboten, 1998 im damaligen Bahnhofbuffet Thun, kam ich mir saublöd vor, sobald ich die die Leute fragte: was willst du trinken?

Die meisten wollten eh nur ihr Bier und gafften mich an, als wär ich ein Paradiesvogel oder sonst nicht ganz gebacken. Und diese Blicke, sorry, energetisierten mich dann überhaupt nicht, sie zogen mich sinnlos aus. Sinnlos, weil: Ich wollt damals als junge Frau jemand sein u also richtig angeschaut werden mit einem schönen Blick und reinen Augen. Und dann wollte ich den Spielraum haben, selber zurückschauen! Dann erst wollte ich mich ausziehen lassen und offenbaren!

Aber im Service und im Prinzip im ganzen vermaledeiten Berufsversuchsleben kam es immer zu Situationen, in denen ich mir entblösst vorkam. Umstände zwangen mich, etwas von mir zu zeigen, das ich nicht zeigen wollte! Ganz abgesehen davon konnte ich bei einer Tischrunde von mehrern Kipferln und Kaffee nicht mehr zusammenrechen. Das Militär von Thun hat sich einmal krumm gelacht über den Klamauk, den ich den Strotzern unfreiwillig bot. Das Blackout hörte nicht auf.(7 Kipferl a 2.50 u 7 Kaffee a 3.00 und  5 Schnäpse usw ergibt… ergibt….)

Immer wurde mir der energetisierende Strom gestohlen. Allein darum konnte ich ja gar nicht mit Menschen arbeiten und wollte, wenn schon, wieder zurück in meinen herkömmlichen Beruf als Kaufmännische Angestellte. Ein Beruf, auf dem ich nie gearbeitet hatte, wegen kompletter Uneignung, versteht sich!

Bei der Frauengewerkschaft falzte ich 2002 ein halbes Jahr dicke Vereinsbriefe  mit Inhalten, die sich für so brisante Veränderungen wie: männliche Waffengewalt gegen Frauen einsetzte, u dergleichen. Ich war äusserlich das totale Tussi, aber das Falzen von Post mit so sinnvollem Inhalt auf Kosten schwerster Menstruationsschmerzen, die mit Morphinvorstufen bekämpft werden mussten (vom harten Sitztaburett und Überstunden) hätte ich gerne länger gemacht, wär mein Praktikum nicht ausgelaufen. Selbstverständlich wollte mich die resolute Chefin, mit der ich in langweiligen Minuten von Adresskarteien-Tipperei eine mittelmässige Lust auf Sex hatte, nicht einstellen. Und den Kopierer habe ich nie selbständig bedienen können.

Also kam noch die Parfümerie im Ryfflihof hinzu, eine Arbeit, die mir sehr gefiel, obschon es meinem ästhetischen Empfinden juckend zuwider lief, dass ich dieses blaue bekloppte Übergewand anziehen musste. Diesen billigen Stofffetzen, der an mir runter lampete wie ein plitschnasser Huddel. Mit diesem Lumpen mussten alle Verkäuferinnen im Ryfflihof rumlaufen und durch ihn sagen: Schaut her! Ich bin ne arme nützliche Verkäuferin! Da war das Krankenschwesterhäubchen meiner Mutter Anno 82 viel hübscher!

Die Arbeit in der Parfümerie war meine letzte reguläre Arbeit. Ich hab mir selbst nie was aus synthetischen Düften gemacht, das muss ich sagen, weil alle Düfte, fand ich, nach spätestens drei Minuten einen abscheulichen Eigenduft entwickeln. Sowas energetisiert mich nicht und hat mich nie energetisiert. Lieber hab ich echte Würze. Aber wenn die bedrugten Leute von der Hodleren kamen, liess ich sie die Botteln von Gucci und Calvin Klein natürlich grosszügig abschleppen ohne zu zahlen, wieso auch nicht? Es kamen ja jeden Tag riesige Kartons neuer Parfümflacons an, die alleinzigundallein ich einräumen und versorgen musste. Aufstehen, bücken, aufstehen, bücken. Dann hiess es Einspringen für meine Arbeitskolleginnen, die in die Sommerferien wollten. Und somit war Sense.

Mein Körper war wie ein Bleistift, hochgespitzt in einen Zustand des überwachen Wahnsinns!

Mein Bewusstsein schmerzte mich, es war so blendend hell darin! Ich schlief nie mehr, ich ass nie mehr. Ich war 24, 169cm und 48Kilo. Ich wollte die Energie aufsaugen und es durch den energetischen Strom, den ich in mich aufnahm, zu einem soliden Level an Energie und somit Ausgeglichenheit bringen!!!!!! Auch geistig und mental.  Aber ich würgte Kotze, wenn ich die schönen Locken Césars Pereilta nur schon vom Bus Nr. 20  aus erblickte! Ich war gefangen, bereits!

(hochregulierte neuroendokrinen Stressachse. Vom Hypermetabolismus in den Hypometabolismus. Auslöser: EBV 1994)

Nach zehnstündigen Arbeitstagen in der Funktion als Verkäuferin von einem Adrenalintripp nicht mehr runter gekommen, körpereigener Speed! Also schrieb ich nach wochenlangem Fehlen der biederen Chefin der Parfümerie einen Abschiedsbrief, in der ich meine tiefste Verzweiflung über mein Ausscheiden ausdrückte. Wahrheitsgemäss wusste ich selbst nicht, was mit mir passierte. Ich mochte meinen Job in der Parfümerie (auch wenn selten Männer rein kamen, was schon mal ein unermesslicher Verschleiss war für mich, meine Präsenz da aufzuzwergeln wo kein Männliches, Energiefederchen, obschon ich mich ja gar nicht mit ihnen richtig einlassen konnte wegen überspitzter und zugleich einem völligen Fehlen an Stamina und nervlicher Energie usw.).

Nun hatte ich die Sommerferienpläne aller Angestelltinnen, die für 18 Franken im Ryfflihof malochten, die mich süss u kurios fanden, zunichte gemacht. Inklusive meiner bleichen, leblosen Chefin aus Solothurn.

Eine Beschäftigung, die einen Körper stärkt, statt ihn auszuzuhöhlen u zu quälen, Herrgott! So dass man von Natur aus mehr leisten kann, eine lustvolle Beschäftigung! Und warum nicht, damit erwerben? Oder aber ein Pensum, das so klein ist, dass ich keinen Schaden genommen hätte!!!!!!

Aber woran habe ich denn eigentlich Schaden genommen?!!! (Es ist ja nur das Leben, bla.)

Nach der Berentung mit 29ig wurde nichts besser. Mein Organismus stabilisierte sich zwar, ich nahm einige Kilo zu, konnte regelmässiger essen und schlafen, das POTS ging zurück und die ME (g. 93.3) schlummerte halbwegs für ein paar Jahre, ohne sich progressiv weiter zu entwickeln. Oke oke, wochenlange Infekte. Langweiliges Thema.

Nun, wo die Erwerbspflicht für mich weggefallen war, grübelte ich über die Frage nach dem Lohnwert nach (haha). Was und welche Tätigkeit könnte sich für mich mit meinem invaliden Körpergefäss lohnen, fragte ich mich. Und ich wurde verdammt anspruchsvoll. Fand aber nichts.

2007 verabschiedete ich das Tanzen, diesen Schwall an lichter Energie, der direkt in die Zellwände fährt! Ich musste mich in der Disco im schummrigen Les Amis bei einer Drehung an einer Attrappe festhalten. (vielleicht wars auch ein Besoffener, wer weiss) Noch einmal kotzte ich eine Woche lang. Der Rausch des Alkohols, bereits in kleinen Mengen, lässt bekanntlich schweben. Die Schübe an nächtlich sporadischer Energie waren auch gnadenlos. Menschen mit g.93.3. können Alkohol aber nicht verstoffwechseln. Ich habe seither nie mehr getrunken.

Ich hab nie mehr Urlaub genommen von meinem Bewusstsein. Die Realität, nun für den Rest meines Lebens nüchtern zu ertragen, das fand ich anfangs einen unerträglichen Gedanken. Nun finde ich ihn nur noch versnobbt.

Man kann auch das Bewusstsein verlieren; durch kognitive resp. infektiöse und neurologische Probleme. Oder doch nicht? Kann Schwärze direkt auf gespitztes Wachsein, auf grellen Bewusstseinsraum folgen?

Einmal wollte ich noch nach Paris auswandern wie Nizon. (2003 ev.) Wegen dem Eigenduft der Stadt u dem Blendwerk ihrer Häuser. Nur um in einem Zimmer im Quartier Latin zu leben, mit seinen luziden Fenstern und gewichsten, leuchtenden Böden, schien es mir eine Option. In einem Kaffee in Paris würde ich sitzen und pausenlos Männergesichter beobachten, von denen es dort auch andere, luzidere, gegeben hätte als im Bahnhof Buffet Thun.

Aber ich blieb daheim in Bern und hungerte noch ein Weilchen nach dem Äther. Ich arbeitete hart am Level meiner physischen Homöostase: Spaziergänge jeden Tag, aber keine Übertretungen der Grenzen mehr. Selbstisolierung. Reizniveau von Greisen.—–Und dann doch schlief der Organismus ein, und ich konnte ihn immer später erwecken (so. 13 Uhr nachmittags im besten Fall)

Ich  bin nun schon viele Jahre verloren für die Energie, die ich mir selbst schenken wollte.

Aber als ich begriff, dass der Versuch, diese Energie von Aussen zuzuführen durch Kondition sogar kontraproduktiv ist______ nur über meine Leiche____ sagte das ME-Monster, spürte ich eine doppelte Niederlage.

 

 

Von meinem Samsung Galaxy Smartphone gesendet.
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