Diary ums Gefesseltsein

Die sommerlichen Adrenalinsurges haben sich erledigt.

Das Problem ist nicht die physische Marter, das Auseinanderbrechen des Solarplexus, Schluckapparats, Muskeln, Sehnen und Bänder von Hals und Schultern sowie Arme, das gleichzeitige Zermörteln und Verkleben, was die Atmung erschwert…..

das Problem ist die Stelle, wo mir das Bewusstsein wieder sagt: ich bin wieder jenseits des sicheren Bodens, im Einzugsbereich des Todes.

Und das will ich nicht sein! Ich will mit meinem Bewusstsein nicht im Tod sein!

Viel ist nicht nötig, um den sicheren Hafen zu erreichen: die Arme wieder heben können, bisschen bessere Schluckkoordination usw. eine Prise weniger Schwäche…..

dort, jenseits des Trennbalkens liegt das Reich der Funktionalität, das Reich der Ablenkung vor dem Versinken und Kentern! Dort war ich diesen Sommer zu etwa 80Prozent dank löwenartigem Hyperadrenergic Push. Es war ungesund, aber die bessere Art, ungesund zu sein!

Dieses Reich, in dem sich Funktionalität abspielt, hat eine enorm grosse Ausdehnungsweite. Jenseits des Trennbalkens dehnt es sich aus gen Horizont…..

…. je tiefer man dort hineingelangt, umso reichhaltiger, umso spannender, erfüllter und risky das Leben!

Hier, wo ich bin, diesseits des Balken spielt sich nichts ab, das ich verkünden müsste.

Diese Trennlinie, trennt mein Bewusstsein von meinem Leben. Schält mein Bewusstsein blutig ab von Leben das, wenn dann so aussieht:

Hinunkehrkrabbeln auf allen Vieren am Ufer des Funktionsreiches!!!

Ich will mir nicht bewusst sein, dass ich wieder im Hades bin. Aber es gibt diese Trennlinie.

Könnte mein Körper immer im Hades liegen? Und mein Bewusstsein doch auf der andern Seite bleiben?!

Dann müsste ich nicht den Tod wahrnehmen:

Als was?

Als Bedrohung, selbstverständlich!

Als Angst, selbstverständlich!

Als Ungewissheit, selbstverständlich!

Als Depression, selbstverständlich!

 

Ich war länger nicht mehr depressiv, wohl einen ganzen Sommer lang.

Ich bin da wie Camus‘ Merseult; die Sonne ist mein Leben. Das Licht ist mein Gott.

Natürlich bedingt die physische Schwäche, das Auseinanderfallen der Zellen, das Fühlen und Stechen jeden Gedankens die Depression oder das Weinen.

Schon nur als physiologische Reaktion.

 

Das Leben als solches bereitet mir schon lange keine Schmerzen mehr.

Für mich gibt es nur das Diesseits und Jenseits dieses Trennbalkens. Das Krabbeln am Ufer des grossen Ganzen (Organismus) oder das Ausharren im Hades.

Ein bisschen mehr physische Kraft, und ich käme davon, Thanatos selbst wäre gutmütig genug und würde mich für länger entbehren können

…… ich könnte toben am Strand, wo die anderen Behinderten toben.

Aber dieses Land ist unerreichbar. Ich darf dort nie solange bleiben, bis ich erkenne: ich lebe wieder. Ich bin gerettet!

Ich höre auf, mein Ableben mit Exit zu planen!

 

Aber nur zufällige und fragmentarische Aufenthalte dort, reichen nicht aus.

 

Es ist mir zu Bewusstsein gekommen, dass ich wieder hinabgesunken bin.

Nun müsste die Depression folgen, denn der Tod in meinem Bewusstsein; das ist für mich die Depression.

 

Natürlich ist der Cause: der Tod im Körper. Der Körper vermeldet an das Bewusstsein.

 

Allerdings gibt es beim Zurückfallen in den Hades einen Moment, wo dieser Tod

in meinem Bewusstsein noch nicht angekommen ist.

Also warum kommt er überhaupt an?

Freiheit unter so höllischen Bedingungen wäre doch, dass sich das Bewusstsein befreit

von Todesangst? Auch wenn der Körper Sterben vermittelt.

(26.10.21)

Bild noartdesign 2018

 

 

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