aus dem und dem Grund denke ich mal wieder ein bisschen über die Depression nach. Existiert sie oder existiert sie nicht? Ich bin mir nicht schlüssig, aber eher tendiere ich zu sagen, dass Depression nicht existiert, sondern eine psychohygienische Erfindung ist, im Rahmen der Schuldzuzweisung, wenn ein Mensch sich nicht genügend an das System anpasst.
Ich glaube eher, dass die Depression, wenn überhaupt, dann ein natürlicher Zustand sein sollte/ist, ein Zustand ist, der uns nie verlässt/wie das Begehren, die Angst oder der Schmerz. E.M. Cioran fragt in einem seiner Interview: „aber sehen die Menschen, wie die Dinge wirklich sind? Sehen sie die Dinge, so wie sie sind? Ich glaube nicht ….“
Für mich gehört es zu den grössten Rätseln, wie Menschen leben können mit einer solchen Resistenz und einer solchen Abwehr gegenüber dem, was uns jeden Tag bedroht und verletzt: Unsere Mitmenschen sind nicht so, dass wir sie von Natur aus lieben, wie umgekehrt, wir von den Mitmenschen nicht geliebt werden. „Warum können wir bloss nie, nie geliebt werden?“ (Michel Houellbecq). Ich rede nicht von der Nächstenliebe, sondern von der Lust, der Magie und also eine individuellen Zuneigung …. wie oft in unserem kleinen Leben von vielleicht 50 bis 70 Jahren werden wir ergriffen von dieser Zuneigung für einen Menschen und umgekehrt, wie oft ergreifen wir?
In meinem Leben passierte das so selten, dass ich keinen anderen Status wüsste, auf Dauer, als Depression/Mangel. Die Menschen werden dazu getrimmt, die Verletzungen zu schlucken und zu verdauen, die nicht aufhören auf sie einzuhauen, von dem Moment an, wo sie sich von der Mutter lösen ….
Es wird keiner seiner selbst willen geliebt. Und begehrt wird man über die meiste Zeit seines Lebens auch nicht, schon gar nicht, wenn man zum Beispiel mit der natürlichen Zumutung der Hässlichkeit oder Krankheit geschlagen ist.
Ich wüsste nichts, das stärker ist als die Angst, als das Begehren und die Lust gekoppelt mit der Illusion der Hingabe/Liebe. Selbst in der Illusion sind Lust und Begehren noch stärker als die Angst!!!! Okay, für manche Menschen gibt es die Religion und den Gott …. die sind natürlich aus dem Schneider ….
Wie lange habe ich nicht begriffen, warum ich mein Leben nicht leben kann, als wäre es ein Paradies. Warum ich, die Gestalterin meines Lebens, mir das eigene Leben nicht schenken kann, das ich gebräucht hätte, um zu leben.
Warum bin ich nicht mit der Auffassung ins Leben hinausgetreten, dass das Leben nicht viel anders als bei den Sammlern und Jägern, aus Arbeit besteht, aus groben Verrichtungen, die gekoppelt sind an rudimentären sachbezogenen Austausch mit den Mitmenschen, die dasselbe Los haben, wie ich: Graue Menschen mit einem grauen Leben. zwischen 1 und 100 Jahren funktionstüchtig.
Aber dieses Los habe/hatte ich nicht. Ich bin physisch krank und war physisch schon früh so krank, dass ich nur darauf achtete, wie ich verschmelzen könnte und meinen Körper auflösen mit einem andern in der Liebe!!! Aber irgendein Weg schien mir versperrt, obschon ich hahaha: in diesem Bereich investierte (wo habe ich sonst noch investiert?)
Ich kann mir kein anderes Medikament vorstellen, als die Wärme, die Zwei erzeugen mit ihrer Haut und ihren Augen— gekoppelt an ihre Illusion der Liebe! Und ich habe den Sinn nicht gesehen, so viele Jahre ohne das zu leben, einfach, weil ich selten jemand liebenswert fand und umgekehrt wohl nicht existierte in der ätherlosen Spähre meiner Mitmenschen und ihrem Leben der Umstände …. jeder sucht, was es kennt …..was ihm ähnelt …. keiner sucht die/das Andere ….
Das Zusammenleben mit den Mitmenschen (als ich es noch tat aus beruflichen Gründen u.a.) war eine ständige Beleidigung für mich, in den meisten Fällen fühlte ich mich schon beleidigt in meinem ästhetischen oder sinnlichen Empfinden, wenn jemand den Mund öffnete und sprach …. Gesichter haben mich immunologisch reduziert, weil sie sososo selten zauberten ….
ich weiss nicht, ob das jedem/jeder so geht. Sicher stehen die Chancen höher, ein solches Leben zu leben, wie ich mir das vorstellte, wenn man in einer Stadt wie Paris oder Buenos Aires lebt …. wo man schöne Gesichter geniessen kann … ein schönes Gesicht, damit meine ich: ein lebendes Gesicht!
Wie anmassend ich bin.
Ich komme nur noch selten raus, aber wenn, dann gehe ich immer rüber zum Friseur an der Autobahn und betrachte mich in seinen Fenster- respektive Spiegelscheiben.
Vom Äusseren her werde jetzt selbst zu einer Anmassung. Was mein Inwendiges betrifft: ich war vielleicht mal davon überzeugt, dass ich mir da draussen was holen kann, wegen meines Frätzchens. Aber nun bin nur noch ein armer Trottel ….
ich sehe die Dinge, wie sie wirklich sind. Und habe nichts davon gehabt. Von meiner schönen männlichen Grausamkeit!
Wäre ich nicht bettlägerig, ich würde losmarschieren. Kilometerweit ….. Marschieren macht leicht und asktetisch. Beim Marschieren fallen einem die Träume von den Gliedern und die Anmassungen! Gehen ist arbeiten! Gehen ist eine sinnvolle Arbeit!
…. aber ich würde, wenn ich lange genug marschiert wäre, irgendwo hin gehen, wo es schöne Gesichter gibt, Gesichter mit Augen, die den Schweif tragen und hinabreichen in die Seele ….ich würde in die Städte, nur, um die charismatischen Gesichter zu suchen …. Menschen, die mit sich selbst in Berührung gekommen sind!!!!
Dann würde ich mir diesen Moment stehlen oder mit dem andern teilen. Auch jetzt noch in meinem echt bemitleidenswerten Zustand. (bestenfalls)
Es sieht aber eher so aus, als würde ich in meiner eigenen Welt eingehen.
Aber ist das Depression? Was ist Depression Läppisches und Künstlich gemachtes gegen die Vorstellungen, die wir uns von unserem Leben als Paradies machen; also, die, die wissen, was sie zum Leben benötigten!!!!
Die meisten können leben auch so ….. das Leben ist eine Aneinanderreihung von Umständen, eine Kette von Distractionandistraction.
Wenn ich jetzt wieder mit Antidepressiva spiele, dann muss ich mich fragen, was ich damit bezwecke: Will ich irgendwelche Zugeständnisse machen gegenüber dem System (das mich verraten hat/Myalgic. E)? Will ich so tun, als wäre ich doch einfach verdammt depressiv? In all den Jahren, seit ich Antidepressiva schluckte, hat mir nie ein Arzt erklärt, wie ein solches Medikament biochemisch funktioniert …. die Idee, dass Serotoninmangel mich unglücklich macht, ist so abstrus wie zwingend ….
…. denn einerseits glaube ich: dass Glück genau das ist, was ich vorhin oben beschrieben haben:
das, was am Wegrand liegen müsste wie Sträucher und Blumen.
Oder aber es ist das Unglück: eine physische Krankheit zu haben, die die ganze hormonale und gehirnchemische Kette blockiert respektive runterhaut auf ein Vielzuwenig , ein Stoffwechsel hinabgeschraubt auf den pyhsischen Totenstatus….. und dies: dies ist keine psychische Erkrankung!!! Sondern ein biochemisches Problem, wie es unter anderem bei Myalgischer Encephalomyelits, dem Playing-Dead-Syndrom passiert …
Ich nähme jede Depression — alle Depression von Welt, wenn ich das Playing-Dead-Syndrom dafür hergeben könnte!!!
Mein jetztiges neues Antidepressiva-Spielchen wird von kurzer Dauer sein, die NW sind so stark, dass ich nichtmal auf die Dosis käme, von der man sagt, der antidepressive Effekt setze dann ein …. und ja: ich habe diesen antidepressiven Effekt, falls es ihn gibt, im biochemischen Sinne, noch nie mit einem Antidepressiva oder Neuroleptika erreicht. Weder mit
Cipralex, Seropram, Seroquel, Remeron noch den unzähligen Eintagsfliegen wie Tolvone, (Doppelbilder) Risperdal, Valdoxan (Herzschmerzen), Venaflaxine (Arrhythmien) noch jetzt Brintellix (Magenstein und Grind wie verbrannter Luftballon usw.)
Ich weiss nicht, ob sich mein Lebensgefühl ändern würde, wenn ich die volle Dosis eines Antidepresssivas nehmen könnte, unter der Voraussetzung, dass dies meine reduzierte Neurotransmitterachse hochstemmen würde ….
… ich kenne nur diesen einen Zustand: das Leben in meinem Körper ist so prekär, dass ich wissen muss, womit ich diese prekäre Zone verlassen könnte …. aber dieses Wissen bringt mir nichts.
Wie Cioran glaube ich, dass die Menschen, die Dinge nicht sehen, wie sie sind. Dies hat mich immer sehr einsam gemacht und verwirrt. Andrerseits können diese Menschen, sofern sie ihren Stoffwechsel anheizen können; in einem physischen Wohlgefühl/Blase existieren, sie können den Stoffwechsel am Laufen lassen (mit oder ohne Liebe).
Und das wiederum wäre der Beweis, dass doch alles nur Chemie war. Nichts als Chemie.
Ich liebe dich. Doch nun haben sie da diese Lärmschutzwand gemacht.
Dein Text spricht mich an so wie er ist. Er stellt viele Fragen, stellt viel in Frage. Auch meine Depression. Wenn sie kommt, stehe ich in einem Lift, der runterfährt. Wie er wieder hochkommt, weiss ich nicht. – Paris ist eine Traumstadt. Du kannst hier an irgendeiner Ecke verrecken. Es bemerkt es kaum jemand. Meine Schwester lebt in Montreuil, eine Wohnung in Paris könnte sie nie bezahlen. Ist vielleicht besser so… (Schade, dass Du B. nicht verträgst!) A.
Ok. Danke.