… habe ich es hundert Meter von Haus geschafft. Ein angenehmer Wind schwappte mir entgegen, die Augen flackerten; es gelingt ihnen nicht (mehr), Objekte, Menschen, Formen und Wölbungen zu akkommodieren – nicht, wenn ich gehe – und die Augen zweifelsfrei mitgehen müssen mit mir – nicht, wenn die Welt rund um mich geht, sich bewegt; ich denke an einen Menschen, ganz ohne Sehkraft, und die dadurch entstehende Versuchung, zu implodieren, ganz abzufallen in eine Welt des Inneren ….!
In zyklischen, immer wieder kehrenden und persistierenden Abständen ist es mir nicht mehr möglich; zu sehen! zu fühlen! zu schmecken! zu hören!
Wer hätte gedacht, dass unsere Sinne ganz von unseren Energiekraftwerken, den Mitochondrien, abhängen? Wer käme auf die Idee, dass durch eine – möglicherweise simple – Fehlsteuerung der Zellkraftwerke unseres Körpers sinnliches Leben auf einen Hieb oder schleichend zerstört wird …
… ich sage: sinnliches ….,
… weil ich das Leben schon von früh auf als solches erfahren habe: Als ein Dasein-von-Etwas, das ich erspüre … erkunde … ertaste … vielleicht erreiche … durch sinnliches Näherkommen.
Mein ganzese mentales Dasein erschloss sich mir doch nicht durch Denken selbst, sondern nur durch sinnliche Erkundungen – begreifen war nichts! – Und: Begreifen ist nichts … immer noch nichts …!
… auch jetzt nicht, wo ich längst nicht mehr begreife, welches Sterben mit mir im Gange ist.
Keine Kraft haben, im Sinne von Myalgischer Encephalomyelitis, bedeutet, dass es mich Kraft, Nerven, Energie kostet, wenn mein Kater Hopfi im Liegen über mich hinweg spaziert und mich mit seiner Nase euphorisch anstupst …
…ich zucke wütend und entnervt zusammen, es ist ein Schmerz, der durch einen Körper geht, der kein Aussen mehr hat …
Sehen. (Auge/Nerven) Etwas befühlen. (Hände, Haut/Nerven) Etwas lauschen. (Gehör/Nerven) Gehen. (Muskelapparat/Nerven).
Manchmal fällt mir kein Organsystem mehr ein, das ich noch „betätigen“ einsetzen könnte, kein Organsystem, das eine Regeneration mehr erreichen kann …
Weit und breit ist keine ärztliche Hilfe in Sicht, und Myalgische Encephalomyelitis, G.93.3 eine hochkomplexe Krankheit, die hier in der Schweiz auch noch als Burnout und Frauenleiden belächelt wird, wenn ich längst dreifach nicht mehr da bin.
Wenn ich es dank eines salzigen Spiegeleis hundertmeter von Haus zu schaffe, erinnert mich dies daran, dass ich schon immer gleichzeitig die höchsten und die winzigsten Ansprüche ans Leben gehabt habe …
(und es jetzt die höchsten und winzigsten Ansprüche sind, die ich aufgebe!)
Was das für Ansprüche GEWESEN sind?
Das erzähl ich dir, sobald das Denken mal wieder vorbeiweht, Marion Jeanne …..
Du bist ein Schatz.