Menschen mit einer gewissen gesellschaftlichen Position müssen ihre persönlichen Schwächen —- gestützt durch die gesellschaftliche Stellung—- niemals aufarbeiten. Es ist sehr schwer, Traumen loszulassen, wenn es keine Gleichwertigkeit gibt.
Arbeitnehmer erfahren dies wohl tagtäglich. Wenn es den eigenen Leib betrifft, und also Menschen indirekt über die Gesundheit und den Körper eines andern Menschen Urteile fällen können, dahingesprochene Urteile, die Letzterein eine Klausur der Ohmacht stürzen, vielleicht lebenslang, dann ist es sehr schwierig, die Verletzungen wegzustecken.
In dieser Klausur der Ohnmacht stecken viele, viele Menschen, gerade auch ME-Kranke, so, wie ich: ich hätte the ongoing Trauma (28Jahre) immer gerne abgeschwächt durch persönliche Aussprachen auf Augenhöhe mit unzähligen Ärzten, stattdessen wurde ich weiter psychopathologiert und eben wegen den Traumen, die ihr missbräuchliches Verhalten an mir und meinem Körper aufrecht hielt, zu einem Psy geschickt, der mit den Internisten an einem Strick weiterzog.
Mark Fisher sagt in seinem Buch, 2013: ‚Kapitalistischer Realismus ohne Alternative?‘:
„Die momentan herrschende Ontologie verneint die Möglichkeit, dass psychische Krankheiten sozial verursacht sein könnten. Es ist eine dringende Aufgabe der Linken psychische Krankheiten zu repolitisieren und in Frage zu stellen.“
Diese Aussage könnte meiner Meinung nach auch auf körperliche Erkrankungen ausgeweitet werden. Jedoch gab es noch nie soviele Menschen, die eine psychiatrische Diagnose haben, wie heutzutage. Im Takt, wie die psychiatrischen Diagnosen steigen, steigen auch die unzähligen Angebote an Ratschlägen, mit denen der Einzelne seine Störung wieder überwindet. Er muss nur Youtube schauen, dort gibt es Tausende von Ratschlägen und Warnungen (von ausgebildeten Psys oder ausgebildten Psy-coaches etc.) wie der Narzisst, den Narzisst erkennt und umgekehrt, wie der Soziopath fühlt, warum ein Borderliner nicht lieben kann, welche zehn Anzeichen auf diese oder jene psychische Störung hinweisen usw. Diese Videos haben eine riesige Anzahl von Aufrufen.
Es ist vielleicht ein bisschen steil, aber ich glaube, die Sensibilisierung auf alles Pathologische am Menschen ist nur dazu gemacht, ihn noch stärker zu drillen, auf seine Schwächen loszujagen und sich selbst fertig zu machen. Es sind nur weitere Fangnetze in einem Panoptikum der Selbstüberwachung, die der wirtschaftlichen Effizienz dienen, nicht dem Menschen.(Ja, ich muss das so abgedroschen ausdrücken, da ich mich zwar subjektiv formulieren kann, nicht aber über Fachsprachen u -Denken verfüge). Diese Fangnetze sollen alle Menschen fangen, aus allen hierarchischen Strukturen wird Druck von einer diskret höheren Etage aus ausgeübt auf die diskret untere. So kommt es, dass jene, die am wenigsten handeln können (Kinder, Kranke, Arme, aber eben auch einfach jene Partei, die in einem Verhältnis zufällig od gewollt weniger Handlungsraum hat, als die andere, vielleicht sogar nur in einer Situation) den Schikanen wehrlos ausgesetzt sind.
Ich mag mir nicht ausdenken, wie innerhalb dieses Machtgeflechts ein Ventil angewendet wird, durch das sich ein Zwangsverhältnis nach unten weiterverschiebt …..
Menschen zu unterst bleiben dann in einer Klausur der Ohnmacht stecken, besitzen kein Ventil mehr …. (ausser blind drein zuschlagen, Verzweiflung, seelische Zerrüttung, Suizid od aber Folgetod)
Foucault hatte vollkommen Recht, als er sagte, dass Macht nicht gleich Macht ist, sondern immer ein Verhältnis.
Ich finde, Gleichwertigkeit müsste man aushandeln, jenseits davon, auf rein privater, menschlicher Ebene. Aber das Private im Nichtprivaten besetzt diesen Dunkelbereich, in dem nach wie vor für Einige alles erlaubt ist, für andere nichts.
Dieses Private, das uns eigentlich menschlich macht, hat keinen Stellenwert an sich, das ist mir schon früh als Kind auf gefallen. Privat kann man über alle Grenzen des Respekts hinweggehen, insbesondere, wenn man gewohnt ist, im sonstigen Leben Deckung und Rang zu haben, wenn man sein Ich und Ego auf all das baut, was man von Aussen bekommt. (Und was ist das?) In den Beziehungen, die dann wirklich privat sind, die persönlichen, passieren dann die haarsträubendsten Dinge, Dinge, die nicht dem kranken Fortschritt unterliegen, sondern die weit, weit hinter diesem kranken Fortschritt zurückbleiben. Warum ist das so? Frage ich? (nach Aussen)
—–
(und nach Innen): Was sind meine Ventile? Fest steht, dass ich das, was geschah und noch geschieht, gerade wieder geschah, nicht mit jemandem besprechen kann, der innerhalb dieser Strukturen einen Sessel hat, (weil diese Leute niemals einfach nur da sein und einen begleiten können, sondern einem doch nur ihre Systeme (wieder Systeme!) und ihren Willen überstülpen, der einen dazu bringen soll, Busse zu tun, persönlich und für sich selbst. PS: wieviel angenehmer wäre es da, wenn Ms le Curé mir im offenen Feld den Segen ausspricht wie der liebliche Prète über la femme de boulanger, nachdem sie mit dem gardien du mouton einen Tag lang durchbrannte, worauf le boulanger keinen Sinn mehr darin sah, für die Gemeinde Brot zu backen,hihi. Ms le Marquise, der mehrere femmes de petites vertue bei sich unterhielt, hatte dann kein Brot zum Steinbuttfilet und es fiel ihm ein, das Brot des Bäckers sei so köstlich, dass es ihn fast zur Beichte gelüste, was er vor Ms le Curé, dem knabenhaften Priester, beim Steinbuttfilet ohne Brot gestand….etc. grandioser Pagnol-Film…..)