3004_Diary_die Mulde_ und zum Glaubenssatz_letzter Teil: Testimony ohne Zeugen

Meine Idee, das letzte Kapitel, aufzusprechen entpuppte sich als aufwendiger, als ich dachte. Allein 4 Seiten zu zehn Minuten benötigen eine Entcodierkapazität von ca. 60 Minuten. Ich habe versucht, die Qualität u v.a. die Videoqualität (Pixel?) herunterzubrechen, kam aber doch technisch an den Anschlag. Letztenendes gab es 10 Fragmente eines Kapitels von ca. 40 Seiten.

Es ist also so, Fazit: dass sich Longprosa nicht für ein Format wie Youtube eignet.
Ich wollte aber unbedingt mit meiner Stimme mein letztes Kapitel beim Sailing begleiten.
Ich habe ja keine tausendseitige Arbeit, wie Musil geschrieben, fast ein Leben lang, sondern nur eine klitzekleine Sache. Und doch stell ich mir für meinen Glaubenssatz ein anderes Medium vor als Youtube.

Bytheway: Ich war kürzlich mal wieder in einer richtigen Buchhandlung, dem ehemaligen „Stauffacher“, und staunte wie runtergekommen dieser Laden ist verglichen mit den Neunzigerjahren, als ich dort arbeitete, und wir sogar im Bahnhof fast nur grossartige Literatur wie Bernhard, Bachmann, Mann, Musil, Kafka, Artaud….verkauften. Und heute? Was liegt auf diesen Türmen? Was steckt in den Regalen? Kaum noch ein Klassiker, schnelllebige Jourunalismus-Instant-Belletristik, ebenso drapiert und gedruckt, wie wohl inhaltlich: gut verdaulich, abgestimmt auf eine von Psychohygiene, Sport und borniertem Selbstthrill abgerichtete Schnelldurchlauf-Gesellschaft, wovon natürlich auch die Kultur nicht verschont bleibt. Nicht einmal „die Wellen“ von Virginia Woolf hatten sie da, dafür natürlich in fünfzigfacher Ausgabe den hochpolierten Prinzen Harry unter den Bestsellern…..

Da habe ich dann gedacht, dass ich daheim „die Wellen“ halt auf Amazon bestelle, weil-bitterer Hohn–alle speziellen, besonderen Bücher und Autoren überhaupt noch dort zu finden sind, wo man sie für Ramsch verkauft (Amazon! Nur ein Grosskonzern kann sich eine Mulde leisten?!). Ich muss sagen, ich dachte: das geschieht diesem Buchladen ganz recht, er hat es nicht anders verdient…

Gute Literatur, besondere, wunderbare, köstliche, schwere, zerrüttende, beissende Liebhaberliteratur schafft es nicht mehr in die Bücher-Supermärkte, da wäre der Kiosk eigentlich eine sympathische Alternative… als Durchgangsort, der ja mittlerweile auch den einen oder andern glutenfreien Sonnenblumkernenstengel verkauft…. und Rauchen und Saufen tötet ja, nur Faule und Schwache tun das noch, die echten Laster, die hochkarätigen echten Laster des vergangenen und vergessenen Jahrhunderts, wozu auch beissende, zerrüttende, organische Bücher gehören, sind bezwungen und ersetzt durch eine reine Oberflächenstruktur….

Natürlich weiss man von der Psychosomatik, dass Innendrin eine unschlagbare Dimension weiter lebt und zu gären beginnt, wenn man den Sack obenzu abschnürt….

Ich bin so froh um meine alten Dichter! Sie waren Schwerenöter, Tunichtgute und leider, leider oft Misogyne. Aber he; damals kannte man den Begriff wohl noch nicht, man wusste noch nicht, dass es Mann und Frau gibt, aber das sich Verlieben, das Liebe eine grandiose Katastrophe ist….. die man wagt!

… und Gott…. mittlerweile ertappe ich mich ja selbst dabei, öfters, dass ich denke, ich meine, wegen den Begriffen: Die Sprache, die wirkliche Sprache, wenn ich jemandem sagen will, ob ich ihn gern habe oder nicht gern: geht auf das zurück, was ich spüre! Und nur auf das! Und dann ja…. wenn ich das mal wieder habe… dann kann ich mit dem Denken kommen und das, was ich spüre, in Stücke reissen wie eine Raubtier. Es ist schwerwiegend, differenzieren zu müssen, begreifen, dass das, was man fühlt, dann doch niemals in eine Struktur integriert werden kann, die nur aus Oberfläche bestehen soll….. oder umgekehrt: es ist unbequem, immer neu zu zusammenzusetzen, was man zerrissen und zerpflückt hat: besser zusammenzusetzen!
Aber was bleibt einem anderes übrig? Das menschliche Herz ist eine Art Ground Zero, eine Bedingung, ein Notzustand, ein Echtheitsfakt….. genau dort muss man immer wieder hin zurückkehren…..dorthin, wo den Katastrophen in die Augen geblickt werden kann und keine Positivitätshüllen mehr geheuchelt werden können. Offenbar haben die da draussen vergessen, dass sie zu Lebzeiten Schüler sind.

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