3004_ich fühle mich schon lange lange wie Houellbecqs Tisserand

Die Armseligkeit meines Lebens lag auch darin, dass ich niemanden in meinen Bann ziehen konnte.
Ich fühle mich wie Houellbecqs Tisserand. Trotz der schönsten Krawatten, die er sich umband, goldene, gepunktete,
farbige; blieb er eine Kröte. Wo er auftauchte, wichen die Menschen vor ihm zurück. Er musste einsehen, dass es
keine Nachfrage gab auf dem (Liebes)markt nach ihm und in einer Silvesternacht fuhr er mit dem Wagen in einen Baum, um
der Sache ein Ende zu machen.

Das ausgrenzende kann der Körper sein, wie bei Tisserand (dessen Gesicht an eine Kröte erinnerte). Es kann aber auch
etwas äusserlich schwer Definierbares sein. Es kann unergründlich sein, für die die ausgrenzen sowie den Ausgegrenzten.
Ja, so ist es; es ist unergründlich, und das Unergründliche selbst ist das Fremde und Komische. Und das Komische und Fremde wird nicht berührt von der Mehrheit derer, die sich als gleich erkennen, zumindest solange nicht, bis man es aus dem „Status der Aussätzigkeit“ heraus hebt und als etwas „Prekäres oder Abweichendes deklariert“. Nun, da es deklariert ist, wird es als zugehörig gehandhabt. Und der Wert, der ein solcher Mensch/Gruppe hat, ergibt sich jetzt aus der vermeintlichen Toleranz der Umwelt, die gewisse Randständigkeiten für sich und ihre eigene Profilierung  beansprucht etc.

Anderssein ist aber eine Art Brandmal,
das man ein Leben lang tragen muss wie ein Kreuz auf dem Rücken. Und man kann sich rückwirkend nur wünschen, wenigstens eine Pflanze unter Pflanzen gewesen zu sein, da, wer weiss, verschiedenes Kraut nebeneinander stehen kann, ohne diesen Instinkt der menschlichen Brandmarkung. Es ist dann die Natur selbst, die einen frisst und tötet. Und nicht, wie unter den Menschen, die scheinheilige perfide Kultur.

(29.4.22)

 

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