3004_Diary_November_21

Ich fühlte, wie die Zeit in einem Rad spulte. Und langsam verfing sich Schlacke und Pech darin. Und jetzt fühle ich, wie die Zeit wieder still steht. Ein Mühlstein, der meine Atemzüge aufdreht und in der schwerfälligen Bewegung zermalmt. Jeder Atemzug zerreisst meinen Solarplexus, der zu einer Faust geschmolzen ist, gegen das Dunkle haut, inwendig, unsichtbar nach Aussen. Wo ich zweifach, mittlerweile, nein, dreifach verglast und abgeschirmt bin gegen meine Umgebung; in meinem Bewusstsein und also meinem Denken und Sein (meinem Ich), in meinem Körper, der sich nicht bewegen kann, da er zu schwach ist, in meinen Räumlichkeiten, die mir das Überleben gegen die Natur ermöglichen, mich aber gleichzeitig komplett isolieren, und in meinem Zustand des Ungeimpftseins in der ganzen restlichen Welt. Dieser letzte Punkt flüstert mir neue Beklemmungen ein, Beklemmungen, die alles Bisherige übertreffen an Trostlosigkeit: ich werde vielleicht nie wieder einen Menschen berühren, jetzt erst recht, wo ich als Ungeimpfte 1 Meter und 50 Zentimeter Abstand halten muss zu einem anderen Passanten. 1 Meter 50 Zentimeter! Und darin liegt doch die doppelte und dreifache Verglasung. Inexplizit war es schon in all den Jahren vor der Pandemie eine Welt ohne physische Berührung. Aber es gab nicht eine letzte Möglichkeit, eine Art Notausgang für alle Fälle, Wenn man sich gar nicht mehr an die Regeln halten konnte. Da konnte man vielleicht irgendwo einen: Free Huge bekommen oder geben, einen ätherischen Bereich zu einem Andern abtasten und auf die Schnelle stehlen. Aber jetzt…. nein….. ich sehe mich in einer Dunkelheit liegen und den Körper darin chancenlos werden gegen diesen zusätzlichen „Feind“, jetzt von Aussen, nachdem der andere von Innen kam. Ich sehe mich implodieren und zurückfliessen in diese Wenige und brüchige Innere, das alles fassen muss, alles zurücknehmen. So sterben die grossen Ströme! Aber wie die kleinen noch ihren Weg finden? Ich weiss es nicht mehr, ich sehe keine Möglichkeit, denn nur um diese Berührungen geht es, kleine, grosse, winzige. Zizek hat es ja schon länger gesagt, dass es schwierig werden könnte für den „Body“. Aber meiner ist krank und braucht sein Milieu. Aber selbst wenn ich jetzt impfe und mit meiner ME-Severity nicht an den Folgen der Impfung Pflegefall werde oder sterbe; wie kann ich denn diesen Graben……. jemals noch einmal überwinden……. diesen Graben…… diesen endlosen…. endlosen Graben….?! Ich habe nicht die Kraft, einen verrohten Organismus zu öffnen, ich kann nicht dort hinein in die versteckten Räume, wo die sich aufhalten, die noch mit ihrem Body leben in realem Austausch mit anderen Bodies! Diese Mikrowelten, in denen Menschen einen lockeren Umgang mit sich pflegen, realtiv distanzlos, bewegungsintensiv, schnell….. ich käme mir mehr denn je vor wie ein Fremdkörper! Wie eine Wilde! Ich bin ein Fremdkörper, Fremdkörper, Fremdkörper…. ich bin nicht mehr natürlich, da draussen, in der Welt, bin ich zur Unnatürlichen geworden. Und wenn ich irgendwie mit dieser Welt in Kontakt treten will, muss ich verhandeln…. es gibt keine unabgesprochenen Begegnungen mehr. Es kann keine Berührung mehr geben ohne den Mut zur Verbindlichkeit. (Wieviele Meter? Lohnt es sich? usw.) Es ist jetzt so, dass die Impfung für Berührung steht, und die Geimpften stehen für Gesundheit, Fortschritt, Wirtschaft, Gemeinschaft, Zukunft….  aber selbst, wenn ich mich noch impfe (ich wiederhole mich, ich merke, ich bin im Hamsterrad); die Weichen sind gestellt, die Spuren neu gestreut…. die Geimpften sind die Zugehörigen, die Zugehörigen besetzen die Räume, die Räume sind nicht offen…… in der Öffentlichkeit gibt es immer noch nur noch die Masken, die die Abtrennung legitim komplett machen….. die Randständigen, wie ich; das sind Gespenster, die unter ihren Masken schreien mögen. Sie würden nur mit Angst und Flucht reagieren.

Tags: No tags

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *