3004_zum „Verschwinden“ und Socializen im 2024

nach Bern gehen, obschon ich in Bern bin, und nie weitergekommen bin als Bern, ist für mich jetzt Erinnerung. So wie heute; Erinnerung an mein erstes Spiegelei am Steckweg mit meinem ersten Pfännchen auf dem kleinen, wackligen Herd, im Jahre 1999. Was denn ist in der Zwischenzeit geschehen, ausser, dass sich dieses Gehege, das mich umgibt verdichtet hat, ja, fast zu einem elektrischen Zaun, ja, so ist das mit der Erkrankung. Anfangs war da nur ein Zaun aus Draht zum Hindurchschlüpfen …. und ich erinnere mich, wie ich, früher noch, daheim, im Emmental, den mit eisigen Nägeln bestickten Draht zwischen Daumen und Zeigefinger gepackt und angehoben habe. Und dann bin ich schnell ganz dicht an das Gras gedrückt, unter dem Zaun hindurchgekrochen, auf die andere Seite, auf die Beine gesprungen. Hab die Gräser abgeklopft und gedacht, mit einem Blick zurück: Ach, wie leicht das geht! Ja, so war das.

Ein Spiegelei und ein Pfännchen für Kinder; und darin lag der ganze Übermut und die Erwartung auf das Leben, das kommen würde, hier, in Bern, einfach da sein würde, an allen Ecken. Übermut, ja, Erwartung war es zuerst. Viele Jahre. Dann Hoffnung. Auch Jahre. Dann Verzweiflung. Jahre. Dann Resignation.

Und nun ist es Erinnerung.

Eigenartig, dass dieser Frühling, so grausam er für Manche ist, für Andere nun wieder diese Erwartung heranträgt, im Licht, den Knospen, dem Grünen, dem Farbnen …. wie kann das sein? Dass sich für Manche die Zäune zu endgültigen Barrikaden verdichten und für Andere am selben Ort lösen sich aus einer einzigen Quelle unermessliche Möglichkeiten, wie kleine Schiffe ….

Mein Versuch, bis ich den Rest für das Schlusskapitel zusammen habe, ein wenig zu Socializen ging in die Hose. Ich habe einfach keine Toleranz mehr gegenüber den meisten Menschen, denen ich auf der Oberfläche, digital, begegne. Ich kann oder konnte sie nicht dazubringen, etwas von sich preiszugeben …. ich weiss nicht, was mit mir los ist …. aber mir reicht das alles einfach nicht, ja, verrückterweise reicht es mir jetzt, nach so vielen Jahren kompletter Isolation, erst recht nicht mehr. So habe ich das genommen, was ich von meinem Leben vorher kannte; die Sexualisierungen, habe sie genommen als Ersatz für intensive Nähe, aber schämte mich gleichzeitig, da ich im Alter bin, wo man nicht mehr sexualisiert werden kann. Aber ja,  was Anderes hat es für mich ja nie gegeben, und so war ich sogar irritiert, wenn ich nicht sexualisiert wurde … es fühlte sich dann an für mich, als wäre ich zuwenig, als wüsste ich nicht, wie das Begehren des Andern kompensieren durch mich selbst …. und so habe ich dann … eine Achterbahn auf Facebook erlebt, an deren Ende ich mir sagen musste: All das kommt davon, wenn man kein Spiegel hat, ausser den eigenen! So eine horrible Identitätsdiffusion habe ich noch nie erlebt. Aber ist es denn erstaunlich, bei all dem, was ich in den letzten vier Jahren und insbesondere die ersten zwanzig Jahre meines Lebens erlebt habe, in den sozialen Interaktionen? Wie kann das anders sein, als Ambivalenz, die nur noch aufbricht wie ein rissiger Krater? Was ich meine, u.a, auch, dass im Schreiben ein Unglück liegt….weil es nie mit mir zusammen auf ein Gegenüber treffen kann….und dass ich dann begann, in realen Begegnungen eine Art Präzision zu suchen…..von Rede u Gegenrede…. von Sauberkeit u Sorgfalt…..schwer zu erklären….aber was ich meine betrifft einerseits die verbale Sprache und gleichzeitig aber so viel mehr an Gestik u Schwingung, die ich mit hinein werfe in die Kommunikation….und ich bin es so satt, habe so keine Kraft mehr, mein ganzes Ich in diesen Akt hinein zu verarbeiten auf so feinstoffliche Art….und all das wird so rudimentär erwidert, so armselig….völlig ungreifbar…als wär mein Gegenüber nicht geteilt von seiner Sprache, als wären sie nie wirklich dabei . …und so kann ich mein Gegenüber unmöglich spüren….. und meine Enttäuschung ergiesst sich in Schwällen, ewigen Schwällen in mich.

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