In den Nächten, wenn ich wach liege, habe ich die verrücktesten Anwandlungen. Ich schmiede Pläne, was ich noch alles machen will. Ich werde noch einmal nach Paris, ein, zwei Monate, ich werde auf einem Klappstuhl sitzen unten in einem Hof oder an der Hausmauer, vielleicht kaufe ich eine billige Gitarre, ich werde alle Ecken erkunden, die ich zu Fuss erreiche, kleinste Dinge werde ich sehen überall …. und viele, viele Gesichter ….schöne, herbe, verlebte Gesichter, ausdrucksstarke Gesichter ….ich werde wieder Französisch üben und in der Bäckerei Croissants kaufen, ich werde aussehen, wie eine Französin in meinen Kleidern …. ich werde kleinen Radius ein klein wenig erweitern, und nachts werde ich aus dem Fenster meines Zimmers schauen, und diesen süsslichen Duft, der Paris eigen ist, einatmen…. ich werde noch einmal Kosmopolit sein, Verschwundene auch da, Eremit, aber ich werde so viel entdecken, ich muss es nur hin schaffen.
Aber dann, wenn die Nacht vorbei ist, und ich nach ein paar Stunden kranken Schlafes, erwache, weiss ich, dass ich wieder nur eine Realität erschuf ….. nur eine Realität … nicht mal ein Traum …. und doch ist mir so schlecht, so elend, so schwach, dass mich sogar die Erinnerung an meine nächtliche Reiseplanung bis ins Mark quält …..
…. und ich weiss, Raven, dass ich keine Reise mehr machen werden, weil ich jeden Tag beim Erwachen für Stunden auf diese Weise auf der Erde aufschlage. Ich weiss, dass es keine Lösung mehr gibt, denn ich kann nicht anders erwachen, solange ich keine reale Hoffnung habe, dass ich noch einmal ganz sein werde: als Mensch, als Dichter, als Frau.
Das, was ich nicht getan habe, das, was ich nicht lebte, das, was vorbei ist, ohne, dass ich ihm die nötige Tiefe verleihen konnte, quält mich nun so, dass ich keine Erinnerung mehr haben will an mein Leben, weil der Gedanke, mit einem unerfüllten und unvollkommenen Leben zu verduften, mich vor Enttäuschung und Verzweiflung erschüttert un meine Crash unsäglich intensiviert. Ich könnte sagen, dass diese Begriffe „Erfüllung“, „Vollkommenheit“ nichts bedeuten, aber es bringt nichts. Ich fühle doch, was ich damit meinte und noch meine …
ich kann es nicht fassen, dass dies das Ergebnis sein soll, von dem, was ich war und bin ……
Ich kann es nicht fassen, dass es keinen Ausweg mehr gibt ….
Ich kann mich nicht bewegen ….
Raven! Es hätte anders raus kommen können. Wenn das Leben doch nur aus Zufällen besteht …..