Update zum „Verschwinden“

In der aktuellen Version habe ich nun drei Teile: 1. Sickhouse (spätes Buch) 2. Verschwinden (mittleres Buch) 3. Glaubenssatz (frühes Buch). So gesehen komme ich meiner Idee, ein Buch von „hinten zu schreiben“ immer näher. Der zeitlichen Logik entsprechend ist immer die Gegenwart an erster Stelle, die Vergangenheit an letzter Stelle, womit eine Kollision mit der Logik des Romans vorprogrammiert ist. Die Logik des Romans und die Zeitlichkeit resp Entwicklung der Protagonistin ist der eigentliche Knackpunkt der ganzen Arbeit, einer Arbeit, in der die Protagonistin schon vor langer Zeit verkündete: mein Leben hat weder Anfang noch Ende. Was die Mitte betrifft, so wäre es vielleicht möglich, diese in die Gegenwart von Sickhouse einzubetten, ja, es wäre eventuell sogar ein Clou, die ganzen Teile aufzuheben durch einen fiktionalen Diebstahl der zeitlichen Dimension, die mir so viel Probleme macht. Ich könnte- im Prinzip sowohl Zeiten als auch Orte weglassen… wie auch, ich neuerdings die Idee hatte, zwei der Männerfiguren zu fusionieren. Dies wäre, zugegeben, ein kaltblütiger Zug, soweit hätte ich mich dann noch nie von den biografischen Bildern respektive ihrem Zwang und ihrer Wucht entfernt … ein warmer Pinson aus dem ein kalter Anrainer wird …. aber nein, ich glaube, ich lasse das bleiben, ich denke nicht, dass ich die biografischen Fixpunkte der Ästhetik soweit opfern kann ….

… insgesamt sind die Umstände unter denen ich diese Arbeit beenden muss, gefallen mir gar nicht, die Krankheit meldet sich mit neuer Schwäche, Bluthochdruck und Burning Skin, das ganze Programm der ZNS-Entzündungspalette in zurück- der Sommer dauerte etwa zehn Tage für mich, ich war auf dem Schiff –

aber wie ich die Protagonistin im „Verschwinden“ merken lasse: „Die Krankheit interessierte mich nicht mehr.“

Die Krankheit ist das für sie, was für Zolas Bonnemort die Kohlegrube war ….

der alte Kohlearbeiter schwor der Grube seine Treue. Er konnte und wusste es nicht anders. Was hätte er denn anderes tun sollen, als wie ein Bluffer das rabenschwarze Sputum auszuspucken vor den auswärtigen Jobsuchenden hin?!

Offenbar gibt es eine Stelle im Leben, da wird am Schicksal nicht mehr gerüttelt. Ich würde gerne sagen, dass ich nun zu erhaben dafür geworden bin, daran zu rütteln. Dass ich aufhöre, es persönlich zu nehmen und persönlich darauf zu reagieren. Aber ich denke, ich bin schlicht zu erschöpft dazu.

Die Phase des formlosen Schreis, der formlosen, ungeschlachten Wahrnehmungen, des ganzen Sinnesreizmülls dauerte bei mir viele Jahre resp Jahrzehnte. Ich bin nun in einer Phase, wo ich konzentriert arbeiten muss, unter allen Umständen eine halbwegs brauchbare Struktur aufs Papier muss. Wenn ich mal arbeite, dann meistens gleich viele Stunden, was dann zur Folge hat, dass ich ein paar Tage krank bin vor postneuroimmuner Sickness, dann wieder einen Tag arbeite, dann wieder paar Tage krank, sehr krank zwar, usw. Wenn ich häppchenweise vorgehe, werde ich von meiner Geschichte nie wieder mehr begreifen als ein paar kümmerliche, zerstückelte Fragmente. Ich wünsche mir aber, ein klein wenig mehr fassen zu können als nur Fragmente …. ich möchte wissen, was ich geschrieben haben, möchte die Stimmigkeit des Ganzen erfassen können ….

meine Erfahrung ist die, dass sich alles ununterbrochen anders anhört und anfühlt, das Geschriebene kann kalt und abstrakt wie das ABC sein, mich mit einer unglaublichen Belanglosigkeit frappieren. Dann wieder gibt es Momente, wo mich Teile des Textes beim Lesen umfangen oder bessergesagt, nein, nicht beim Lesen, denn das tue ich sie ja so gut wie nicht mehr; beim Schreiben selbst umfängt mich die Stimmung, profund, reissend …. die Droge von Innen… ich halte das für Magie und Übertölperlung. Dann wieder stottere den Satz ab, ein einziger Satz hat dann der Murks meines ganzen Lebens.

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