Auf Pfingsten zu war es mir möglich, die Sonne zu erleben. Ich wollte einfach nicht mehr in mein Zimmer zurückkehren.
Ich spürte, dass der dritte Tag, (ca. 3h jeweils) an dem ich auf dem Hausdach rumspazierte, schrieb, mich abwechselnd an der Sonne, dann am Schatten im Liegestuhl dem Wind, Licht und Luft aussetzte, den Absturz bringen würde. Ich wollte es aber nicht wahrhaben und dachte: ich kann doch genausogut auf dem Dach im Liegestuhl leben unter freiem Himmel, wie ich im Bett, innerhalb vier verwinkelter Schattenwände leben kann…
ich wollte nicht zurück ins Zimmer, denn an Festtagen ertrage ich es nicht, dass rund um mich alle andern Kranken ausgeflogen sind, dass sie wochentags ausfliegen, arbeiten und an gemeinsamen Beschäftigungen teilnehmen, das ertrage ich, aber an Feiertagen ertrage ich es nicht mehr……
…. aber dann: der Absturz bringt mich nun wieder zur Vernunft. Ich werde aufhören, mich in eine Art Wettstreit mit den Andern zu begeben. Der Körper selbst zwingt mich zurück: die Isolation zu akzeptieren. Ich glaube, die räumliche Nähe zu Leuten, zu denen ich hier anfangs intensiv den Kontakt suchte, hat mich dazu bewogen, mein Dasein im Bett mit der Zeit als Schwäche zu betrachten, ich glaube, nicht zuletzt, dies wurde mir auch so suggeriert von einer räumlich nahen Person, von der ich dachte, sie sei durch Krankheit auch an die Wohnung gebunden …..
es ist verrückt, wie sehr man sich verlieren kann, wenn man anfängt, sich mit dem Blick dieser Nachbarn zu betrachten…. ich habe das bisher von mir nicht gekannt. Es ist ein Ausdruck meiner Verzweiflung gewesen sowie ein Ausdrucks meines Wunsches nach Veränderung.
Aber nun bin ich wieder zur Vernunft gekommen, erst jetzt, wo ich wieder ans Bett gebunden bin
Dass ich immer daheim bin, obschon ich äusserlich „gut aussehe“, „normaler“, als die meisten, darf mich nie wieder dazu bringen, mir und ihnen vorführen zu wollen, als hätte ich auch ein (soziales) Leben. Dies ist nicht möglich bei einer unbehandelten ME und ihrem unglaublich tiefen Funktionsniveau.(ich habe ja vergeblich angefragt, ob ich jeweils ein bis zwei Stunden drüben an der Beschäftigung teilnehmen kann, ausserhalb der langen Crashwochen, versteht sich. Aber es muss sich lächerlich anhören, wenn ein Mensch auf zwei Beinen frisch geduscht, mit Makeup für ein Arbeitsprogramm von 50%Pensum für körperlich Invalide, mit seiner Realität von 1h aufrechter Position vorspricht…..zu absurd)
Ja, auch, wenn ich erfahre, im dritten Jahr hier im barrierefreien Haus unter Kranken, dass mich noch nie jemand gefragt hat, woran ich leide, darf ich mich nicht länger in diesem Blickwinkel des Umfelds, das hier so furchtbar nah ist, verlieren. Ich muss zurückkehren in diese eigene Indifferenz den Andern gegenüber, auch wenn mich das stark beklemmt.
Ich hatte gehofft, ich könnte mich diesbezüglich ein wenig entwickeln und mehr öffnen, als ich vor knapp 3 Jahren hier einzog. Mein Anspruch war vermutlich viel zu hoch, so dass ich auch in diesem Punkt abstürzen musste.
—-