Meine Erkrankung ist ohne den weiblichen Zyklus nicht auszudenken. Solange ich zurückdenken kann, waren die 28 Tage der Kreis, innerhalb dem sich die Energie aufbaute und durch den Zusammenbruch der Hormone, am Ende des Zyklus‘ wieder zerstört wurde. Dieser Tag Zero, diese Zone Null nach dem Tag 28 hat mir das Mark geraubt, Monat für Monat, Jahr für Jahr, Jahrzehntelang. So wurde die Regeneration immer länger, überdauerte irgendwann die Progesteronphase, die Phase meiner eigentlichen „männlichen Kraft/Aggressivität“ und fiel schliesslich ganz aus.
Ich habe das schön früh gewusst, schon anfang Dreissig wusste ich, dass mein Zyklus mir den Hals brechen wird. Der Zyklus selbst verwandelte sich früh in einen Pathomechanismus, der vielleicht ausgelöst durch die ME oder aber ganz sicher, die Fluchtmöglichkeiten aus der ME verunmöglichte. Wilde Spekulationen und Gerüchte gingen mir neulich durch den Kopf (irgendwo aufgeschnappt), dass das Oestrogen selbst autoimmun Prozesse in Gang setzen kann. Wer weiss, es ist sicher viel komplexer, und wenn ich sage, mein weiblicher Zyklus hat mir jede Fluchtmöglichkeit nach vorne in die Gesundheit, Kraft und Stamina verunmöglicht, dann meine ich damit nicht nur die horrende und zehntägige Blutung in den mittleren Jahren meines Lebens, sondern v.a. die Wirkungsmechanismen des Hormonkreislaufes mit dem Immunsystem. Ein Energiestoffwechsel mit jahrlanger Hypermenorrhoe kann ja nicht gesund sein, aber jegliche künstliche Kanalisierung war mir nicht möglich, die Gebärmutter hätte sehr früh, vor all dem schon entfernt werden müssen.
Jetzt….. wo langsam die Wechseljahre antrudeln, sehe ich darin nur „das zu Späte“, „Nichtmehreinholbare“, denn dieser Zyklus hat sich ja in meinen Körper gebrannt, im Gedächtnis meines Körpers steht geschrieben, dass ich ab heute (Tag 4) zirka sechtzehn Tage lange schwere neuroimmunologische Symptome austragen muss, bis meinem Körper der beste Tag meines Zyklusses blüht. Die Menstruation selbst ersetzt dann lapidar jeden Monat den Crash respektive führt ein in die langsam sich entwickelnde Nullzone hinab, in dem sie Adrenalin der Lebenstage, Progesteron, Aggressivität, Spannung, Stamina, Lust….. wegschwemmt ….. und mich zurückbringt in den Schneewittchenzustand.
Was hat mir dieser weibliche Zyklus gebracht? Kinder wollte ich keine und konnte ich keine haben. Die Lust …. ja, wahrhaftig …. sie wurde von diesem Zyklus in Wellen hochgetragen ….. und je nach Hormonlage war sie kräftig, dumpf, explosiv und geladen (Ende Zyklus) oder zart und bis bis zum Zergehen ätherisch schmerzhaft in der Schwäche (Menstruation und Anfangs Zyklus), leicht und beschwingt in der Mitte. Ja, man kann sagen, die Lust (basierend auf den Hormonen) hat ein System ausgeklügelt der Sehnsucht…. dekadent und vergeblich.
Ja, vergeblich.
Komme nicht umhin, nocheinmal Butler darwider zureden: ich bin zu 100% meine weibliche Biologie. Sie ist mein Käfig. Profite sind klein, das Leiden grösser. Meine Persönlichkeit, mein Charakter ist geformt durch meine weibliche Biologie und entfaltet sich nur innerhalb dieses Käfigs. Ich bin kein kulturelles Konstrukt (oder nur ganz am Rand.) Meine Biologie, mein Frausein hat mir die Grenzen auferlegt, die ich als Mensch gesprengt hätte. Meine weibliche Biologie, mein Frausein hat mir die Limiten aufgezeigt, indem ich menschlich nicht gegen diesen weiblichen Körper ankomme, ihn nicht überwinden konnte, um nach vorne zu stürmen, als Mensch, in die Welt und in ein freieres Leben.
Was habe ich auf dem Hintergrund dieser Tatsachen Positives über mein Frausein zu berichten?
Nichts. Ich hasse (Selbst)Mitleid mit einem Arschloch, also verachte ich es, Frau zu sein.