Er nannte sich so, weil er frei war. Tatsächlich frei.
Ausser natürlich, wenn man ihn in die Isolierzelle steckte, für vierundzwanzig Stunden.
In der Isolierzelle gab es nur eine festgezurrte Matratze ohne Ecken und Kanten,
nichts, woran man seinen Kopf schlagen konnte, bis auf die Decken und Wände.
Kaum war er draussen, lief Free mit seinem schweren Kontrabass auf dem Rücken
mit einer halben Socke am Fuss durch die Strassen, verdrängte in den Kneipen alle Gäste
und umarmte alle Menschen, für die er in dem Moment ein übergrosses, überschäumendes
Herz hatte.
Manchmal hatte Free sogar für die Polizisten ein Herz, die ihn da und dort im verwahrlosten
Zustand aufgabelten, und ihn wieder auf die Station brachten. Man sperrte ihn ein, weil
die Gesellschaft mit ihm nicht fertig wurde. Oder weil sich niemand die Mühe dazu machte.
Man sperrte ihn ein, um ihn vor seiner eigenen ungebremsten Freiheit zu schützen
und um ihm Angst zu machen.
Aber Free, der Kurde war, kannte keine Angst. Wer einmal sein Gesicht sah, wenn er litt,
musste verstehen, dass es in Frees Leben oder Vergangenheit etwas Grösseres gab, als Angst
um sich selbst, Angst um Konventionen.
Wenn es in der Stadt Bern wieder kalt war, habe ich oft an Free gedacht.
Wenn er bloss hier wäre, habe ich gedacht. In den Strassen wimmelte es
von Unfreien. Diese Unfreien schnürten mir das Herz verdammt eng.