#pwME: die IHHT-Sauerstofftherapie hat mich dieses Frühjahr ein Vermögen gekostet. Ich glaube, ja, sie hat meine Mitochondrien etwas gestärkt. Allerdings dauerte der Effekt nicht lange, da er in einem hartnäckigen zwei Monatigen Infekt endete. Ich weiss nicht, ob ich die ganze mühselige Therapie noch einmal aufgleisen soll, nur, um wieder eine kleine Besserung zu erreichen, bevor der Winter kommt. Ich weiss, dass die Mitochondrientherapie zwar bei der Fatigue und also dem postinfektiösen Chronic Fatigue-Syndrom helfen können, aber nicht bei einer vermutlich autoimmunen Erkrankung des Zentralnervensystem wie Myalgischen Encephalomyelitis. Offenbar ist die Forschung keinen Schritt weiter, und ich verfolge das längst nicht mehr. Es wird einfach schlichtweg kein Geld zur Verfügung gestellt, um endlich Forschung so zu ermöglichen, wie sie bei M.S. oder Aids und anderen Zivilisationskrankheiten der Fall ist. Ich bestehe darauf, dass das Hybrid ME/CFS fatal ist für jene, die an ME leiden. Und ich begreife, dass keine Mittel frei gemacht werden können, solange man vom Irrtum ausgeht, diese Erkrankung sei eine Fatigue. In einem der neuesten deutschen Fernsehinterview über ME/CFS, staunen ein deutscher Arzt und ein Familienvater einer schwer kranken Tochter über die Lücke im Medizinsystem, sie staunen, dass sie alleingelassen werden, und sie beschreiben ME als eine Erkrankung, die einen besonderen Status hat, weil jedwede Aktivierung die Betroffenen kränker macht. ‚Das Oeffnen einer Chipstüte im selben Raum hat meiner Tochter unsägliche Qualen bereitet, es ging ihr danach stundenlang noch schlechter.‘
Ja, so ist es. Das kennen wir alle; die im schweren oder schwersten Stadium waren. Ich war auch da. Und es besteht immer eine Gefahr, dass auch ich wieder in dieses Stadium zurückfalle. Meine Erfahrung ist aber die, dass es sinnlos ist, den Horror dieser Erkrankung, ihr tiefstes Lebensniveau zu vermitteln. Die Menschen sind dafür nicht offen weder Angehörige noch Leute aus dem Gesundheitssystem, Politik und Institutionen. Es gibt nur einen einzigen Weg; und das ist die Entschlüsselung der Pathomechanismen, solide Forschung und patentierte Therapie. Dann erst kann man mit all den horrenden Irrtümern und Missbräuchen aufräumen, die um ME-Betroffene und die falsche Handhabe der Erkrankung baldigst ein Jahrhundertlang stattfand. Die Long Covid Betroffenen haben mehr Kraft als wir, ihre postinfektiösen Insulte liegen erst noch zurück. Durch sie hat sich die ME/CFS verdoppelt. Sie haben nun die Empörung, die wir nicht mehr aufbringen, und die Kraft, zu kämpfen, wie wir es jahrzehntelang taten.
Wie gesagt, meine Jahre in der Horizontale werden durchbrochen von Momenten. Es können immer die letzten sein, aber es kann auch noch mehr geben. Nicht zu letzt hängt es davon ab, wie sehr ich es schaffe, psychisch, mich zum Ruhen und Vegetieren zu zwingen.
In diesem Juli hatte ich zwei Wochen lang eine Art „Hoch“, vermutlich nur ein Adrenalin-Surge, vielleicht waren es die Ausläufer der Mito-Therapie. Auf jeden Fall habe ich mich dem Licht, der Sonne, dem Wasser, der Hitze und auch einigen Menschen ausgesetzt. Ich war daheim, und mein Chauffeur, W.F. Suter, hat uns in die Natur gebracht. Aber dann wollte ich auch ganz allein, den Hügel des Waldes erreichen, schwitzend und wie anno dazumal, den Körper spüren, den Körper ein einziges mal wenigstens über eine gesunde physische Betätigung ermüden. Ich spürte dabei eine unheimliche Wut, da es mich so viel Mühe kostete. Meine Nerven wurden immer brüchiger, je weniger sich mein Körper erholte, je mehr Adrenalin er nachschob; nur, um dem Kollaps, dem Runtersinken in den Zustand des Hibernate zu widerstehen.
Ich bin jetzt ständig weiter runter gesunken, es war zu erwarten, mein Sommer dauerte wohl zwei Wochen, aber ich habe davon die Bilder: innerliche Bilder des Zwiespalts und der Euphorie. Der Wut und der Freude. Der Melancholie und Verzweiflung. Und, äusserlich: die Bilder der Idyllen, des Waldes und der Wiesen, eine Kulisse des Bestehenden, Kindheitsspeicher. Und nur drum herum hat sich alles geändert.