Ich habe insgesamt vier Möglichkeiten, ein Wort oder Gedanken von mir abzutrennen:
A: WordPress
B: Facebook
C: Festplatte
D: Papier
Keine dieser Optionen ist im Moment die Richtige für mich.
Worpress verlangt, dass ich literarisiert, also ästhetisiert schreibe oder aber der Text inhaltlich so verarbeitet ist, dass er einem ungefähren Anspruch von Literatur entspricht. So erwarte ich das von mir!
Es ist aber so, dass ich auf WP sehr oft Diary-Texte schreibe, die literarisch od künstlerisch nicht genügen, inhaltlich aber ich darin vielleicht etwas sage, das wertvoll ist für meinen Prozess und dadurch, also das Prozesshafte erst den (künstlerischen) Wert resp die Substanz (zu der ich fähig bin und nicht weiter) ausmacht. Dagegen kann ein altes Gedicht, von dem ich mal dachte, es habe was, plötzlich scheisse oder fake sein….
Alles in allem habe ich aufgehört, auf WP zu publizieren, weil ich den ganzen Kanal seit 2017 überarbeiten wollte. Aber indem ich damit begann, stellte ich fest, dass ich eigentlich den ganzen Inhalt seit 2017 löschen könnte statt die Chronologie zu zerstören. Dass das irgendwie aufsselbe rauskommt . Dass ich nun 300 Seiten Diary auf die Festplatte rüber nahm ändert aber nichts an meinem Problem resp schafft nur ein Neues. Ich stelle fest, dass man diese Diaries radikal kürzen, verdichten oder sogar in Literatur verwandeln könnte, also manipulieren.
Das Problem mit der Frage: will ich was Ernsthaftes schreiben oder bloss drauflos und wo ist die Grenze, hat dazu geführt, dass ich vermehrt wieder auf FB Diary schreibe, was mich zum zweiten Problem führt:
B: auf FB will ich keine Diaries sowie keine Literatur schreiben. Das mit der Literatur ist oke, aber das Diary-Zeug deponiere ich nun ständig hier, und ärgere mich im Nachhinein, dass ich nicht auf WP meine Diaries schreibe.
Aber offenbar habe ich unbewusst das Gefühl, ich könne in meiner FB Chronik drucklos jede spontane Eingebung niedergiessen, aber sobald ich mich frage: wäre das nicht was für WP? ist es gleich vorbei mit dem Spass!
Manchmal schreibe ich einen Tagebucheintrag auf WP und teile ihn auf FB und frage mich: what the heck, was soll das!? Was sollen diese Überlegungen, welche Kanäle ich für meine diversen Empfindungssätze nutze? Ganz offensichtlich sind diese Kanäle nichts Anderes als die Fortsetzung meiner alten blauen Hefte. Also warum schreibe ich nicht wieder konventionell in meine Hefte?
D: weiss nicht. Erstens brauchts zuviel Muskelkraft den Stift zu führen. Und zweitens bemühe ich mich in den Heften überhaupt nicht um den Stil. Ich jammere dort echt nur, aber auf eine langwierige unproduktive Art, eine weinerliche. Abgesehen davon; Papier kann brennen. Also wieso von Hand schreiben? Respektive umgekehrt; wieso nicht? Denke ich etwa, wenn ich nicht von Hand schreibe, nicht auf Papier, würde meine eigenes Aschehäufchen grösser?
C: auf der Festplatte. Ja okay, das ist im Prinzip das einzige legitime Stück verlängertes Körperteil von mir. Dort, in diesem Drahtkasten drin liegt mein Leben auf eine tolerierbare Art aufgehoben und begraben. Nur also habe ich festgestellt, dass ich auch da keine täglichen Diaries reinhaue und unter einem shitty.doc. Abspeichere. Weil bereits ein Dokument öffnen, führt bei mir zur Erwartungshaltung, etwas zu schreiben, das Substanz hat. Und so bin ich gelähmt, ehe ich mit dem Niederdrücken der Tastatur beginne.
Natürlich habe ich meinen „Glaubenssatz“ und WordPress-Eclat-Minutes etc. dort abgespeichert. Aber wenn ich dann was verbessere, manchmal nach Wochen, manchmal nach Jahren, stimmen die Dokumente auf der Festplatte nicht mehr mit den WordPress- Texten überein, und ich weiss nicht, was machen.
Ich bin dann sehr verwirrt.
B: Facebookchronik als Tagebuchschnellbahn zu nutzen ist verdammt verführerisch. Es ist irgendwie so, als könnte ich meine Gedanken ein bisschen weiter von mir weg schieben, als wenn ich sie ins Heft schreibe, was ich definitiv nur noch zum Ersticken finde.
Meine ich damit, dass alles, restlos alles, was ich sage, einen Mithörer tolerieren könnte? Ich weiss es nicht. Ich kann es nicht wissen. Wie sollte ich das? Ich könnte nicht mal sagen, dass alles eine Frage des Geschmacks ist!!!
Insgesamt bin ich dabei, die wenigen guten Arbeiten von mir zu verbessern, aber die riesenflut an Scheisse resp Diary absorpiert mich. Etwas in mir will alles festhalten, so festhalten, sodass ich es endlich irgendwie fassen kann, physisch überblicken.
Gleichzeitig öffne ich FB und lasse alles beim Entwurf eines spontanen Gedankens bleiben,
Gedanke, der hier in die Tiefe eines endlosen Brunnenschachts hinabgeworfen werden kann auf Nimmerwiedersehen.
Da wäre noch mein Youtube kanal. Und dieses medium ist mein eigentlicher Spass, weil dort sehe ich mich selbst, dort existiere ich irgendwie, und zwar, weil es sich um Performance handelt, diesen elendigen Trash des Augenblicks, um Selbstunterhaltung.
Was ist von meinem Schreiben so nicht mehr sagen kann.
Schreiben ist Verbrennen nach Innen.
Nun stellt sich mir die Frage: soll ich diesen Text rauskopieren und unter die Scheisse meiner Diaries auf der Festplatte abspeichern, diese weit über 300 Seiten, die nur dann substanziell wären, wenn ich sie radikal kürzen würde, auf ca. die wichtigsten, für meine Lebensaussage wichtigsten zwanzig Seiten. Diese zwanzig Seiten wären dann einfach ein bisschen eine andere stilistische Abhandlung von dem, was ich in meinem „Glaubenssatz“ über wenige 120 Seiten bemühte, zu sagen, manipulierter und mit Achundkrach in eine Form gebracht, die nicht blosses Schreien, Tagebuch, automatiqecriture usw.ist.
Aber wenn ich mir überlege, die Güsse, die ich hier begrabe, auch rüberzunehmen auf die Festplatte, dann weiss ich, dass ich sofort denke: so, in der flüchtigen Form, kann ich das nicht ablegen! Daraus muss ich was Echtes machen! Aber Herrgottnochmal, ich kann einfach nicht! Ich bin soviele Jahre hinter meiner Qualität hinterdrein, weil ich zu langsam bin in der Verwandlung meiner Not und Blösse in was halbwegs Literarisches! Und weil ich dermassen hinterdrein bin, lohnt es sich gar nicht mehr! Aber das hält mich nicht davon ab, Gedanken u Überlegungen wie diese zu wälzen, während ich Glaubenssatz.doc bereits wieder auf den nächsten Tag verschob. Einfach, weil die Kraft immer nur fürs Umschreiben reicht, nicht für die technische u künstlerische Verwandlung der Hauptarbeit. Oder aber eben: weil das künstlerische Resultat immer zu wünschen übrig lässt. Und ich oft denke: also wenn ich schon versuche, etwas literarisch auszudrücken, dann sollte wenigstens das Resultat besser sein, als wenn ich nur Empfindungen und Wahrnehmungen ergiesse.
Aber vielleicht glaube ich auch, dass meine Kunst nicht mein verhältnismäßig kleines und immer noch nicht fertiges literarisches Werklein ist, sondern die Erfahrung meines täglichen Lebens, die Niederschrift eines solchen Gedankengangs wie dieser, weil das spontan kommt, eine Art Restmüll zwar, der dadurch entstanden ist, dass ich Literatur machen wollte, aber weder Technik noch Inhalt hatte, und gezwungen war, Leerläufe zu formulieren. Aber sicher bin ich nicht. Reden ist ja einfach eine Art Grundbedürfnis. Und die Perspektive ergibt sich dann durch unterschiedliche Beleuchtungsmethoden.
Und ja, nun brauch ich ein Temesta, weil ich die Spannung fühle die mein unfertiges Leben seit Jahren mit sich bringt.
Und weil- selbstverständlich!- dieses Reden/Schreiben in erster Linie chronische Kompensation ist für chronisch mangelnden resp nicht vorhandenen Austausch mit anderen Menschen und das Fehlen von Berührung und Begegnung auf einer Ebene, die ich selbst nicht einordnen kann: emotional? Intellektuell? Keine Ahnung! Aber es ist ein Fehlen einer Art Intimität und Leidenschaft, die ich an andern spüre resp ich weiss nicht und kann nicht ergründen, wofür und wie die Menschen in derselben Welt wie ich beben obschon sie aus Fleisch und Blut sind. So wie ich.
(12.2.2022)