Jetzt- wo die Zeit ins Land geht, ein bisschen Jahre sogar, komme ich mehr und mehr zum Schluss, ihm od dem Schicksal zu danken, dass ich die Wahrhaftigkeit dieses Bezugs erfahren und erleben durfte. Ja, Wahrhaftigkeit, weil wir doch so schutzlos wie zwei Grenzkometen ineinanderprallten, weil Leidenschaft und Vitalität uns doch so katastrophal und mutig stolpern, stürzen und schliesslich untergehen liess. Dieselbe seltene flimmernde Leidenschaft und Vitalität, die sich nicht konstant halten kann, die mich aber so voll und ganz mitriss, mich in seiner Anwesenheit zu einem Stück Natur werden liess. Ja, ich fühlte mich als Ego wie ein grosser, prächtiger Ballon, ich habe mich nie so gross gefühlt, mich ausgelebt in seinen Händen, seinem Stern, der diese Seltenheit besass, dann da zu sein, wenn das Feuer brennt. Das Feuer, das wir zündeten, löschten, zündeten, löschten, zündeten. Aber ja, auf einmal war dieser Mensch verschwunden, dieser Komet, um andere weibliche Sternchen in den Himmel der Lust und Euphorie zu befördern, Sternchen, die noch nicht gezündet wurden. Ja, scheisse! Dies ist das Elixier eines solchen männlichen Schnurrkätzchens, dieser dunkle seltene Samt, dieser knabenhafte, brüchige Glanz. Diese Käterchen der Schönheit sind für die erblassten tüchtigen Kätzinnen gemacht, es sind Zauberer, deren es wenige gibt. Aber Liebe, (hast du es denn anerkannt oder nicht?) ist eine Katastrophe, und ich bin damals hineingesprungen, wie als Kind zum erstenmal vom Sprungbrett, ja, wie ein Kind bin ich in dich hinein gesprungen, so, als könnte ich dir alles zumuten, so, wie du dies alles nehmen wolltest, in guter Absicht, mutig und einzigartig. Und falls es danach und jetzt für mich trotzdem noch weiterging, ich meine das Leben ohne einen Mann, der auf diese brilliante Art mitschwingen kann, so sehr, dass nichts von ihm bleibt, weswegen er dann plötzlich um sein eigenes Leben davonrennen muss, falls es für mich, die Verlassene, weiterging….wofür ich nicht meine Hand ins Feuer legen würde, dann so, als wäre ich auf einem spitzigen Steinbett erwachsen geworden, so spät in meinen Jahren, als wäre ich nun dieses verlorene Kind im gewordenen Erwachsenen, bereit für Kompromisse, bereit für Halbheiten, bereit wieder für das Prosaische…. Als hätte ich eingewilligt, mich da nun zu führen, wie mein eigener Blindenführer, die Führerin einer, die ein- resp zweimal in ihrem Leben blind sein musste vor Liebe.(oder dem, was ich aus irgendeinem Grund so nenne). Aber damals oder gestern, (oder wann war’s), da habe ich die einmalige Erfahrung der bedingungslosen Hingabe gemacht, und ein Mensch liess es zu, ehe er zuschlug. Und das ist doch allerhand? Ich meine, ich wollte gerade noch einmal eine kurze Hymne auf die Natur singen, auf meine, aber auch auf seine. Es war dann wie die Vorwegnahme des Todes, als ich ausgeschlossen in seinem Treppenhaus sass, während er sich drinnen, im Herzen der Erde, in seiner Stube, seiner Atemluft, der Nacktheit eines neuen weiblichen Sternchens zuzauberte, es war wie: als wäre ich nun in diesem All, das ich als Kind in grässlicher Furcht erfand, in Furcht zur Sehnsucht… wenn ich vom Balkon in den Himmel starrte. Ja, in diesem All war ich angekommen, schwerelos vor Schmerz.
Aber nun ja, nun hab ich vieles hinter mir, das ich vorher nicht begreifen konnte, das im Abstrakten geblieben wäre, hätte ich es nicht erlebt. Und eben: einmal im Leben (nach der Jugend), muss man aufs Ganze gehen, wenn sich einem die Chance bietet. Sehen muss man das auf dem Hintergrund, dass das Vergessen alles schluckt, dass keiner dieser Momente den Tod überlebt, aber dies soll nicht lähmen, sondern ermutigen, sich zu versöhnen.
Schwer muss ich schlucken, wenn ich in meiner Umgebung die Verhungernden an ein bisschen Liebe und Menschlichkeit sehe, die am Rand noch befindlichen Straßenblumen, zitternd, ein kleines bisschen wenigstens von diesem Sternenregen abzukriegen. Ich bin ja da, im Rand als Rand, nun, wieder, daheim im Rand, ich sehe das. Und neulich strich ein Bettler um meinen Zaun und weinte, dass er allein sei, allein, immer allein. Es war unmöglich, zu ihm durchzudringen, er war klein, grau, ungepflegt, verstört und ich konnte ihn nur jammern lassen, wie eine Schallplatte. Da habe ich die Hymne an die Natur wieder mit Flüchen gespickt.
Schicksal, dies war Fülle! Halte mich für eine Laune des Wetters: aber ich danke dir!
‚Elend und Grösse dieser Welt: sie bietet nicht Wahrheiten, sondern Liebesmöglichkeiten. Es herrscht das Absurde, und die Liebe errettet davor.‘ (Camus, der Mensch in der Revolte)