Ich kenne dieses Nachtlicht.
Fünfzigjährige Glühbirnen, die in zwinkerndem Schmutzgelb die Stallungen bestreichen. Dahinter der Park mit den Hindernissen,
wo die grossen schwarzen Pferde daher wuchten, in massgeschneiderten Volten, tags
kleine beissende Kläffzer sie kreisend umzwirbeln.
Alles wirkt jetzt unverständlich und starr wie
der hundertjährige Schlaf der Stubenmöbel auf dem Boden, unter dem Dach. Oder wie
die erodierten Spuren des Sports
im menschlichen Kopf, wenn die
Jagdesellschaft sich verzog,
aus einer Stadt, die niemals wacht.
Niemals wacht.
Aber ist dies nicht der Geruch,
in dem jedes Urzeit-Mädchen eine goldene Mähne liebkost mit kleinen, schmutzigen Fingern? Die Bronte Charlotte goss
ihre wirbelsinnige Wut, geronnen
zu flüssigem Metall, in die Form eines Hufes?
Ich höre ein Pferd, das eisig scharrt.
Einsam scharrt.
Während nur hier der Schnee leise fällt, Oblate um Oblate.
Und dann bin ich auch schon am Ende der Stadt,
wo zwölf Scheinwerfergrazien stöckeln über den Blähbauch unterirdischer Autofluchten, wie Marlene Dietrich Gebeine-
wo auch das Novotel Ibis steht, kreidebleich wie ein Eiswürfel.
Ein alter Kastanienbaum verdeckt die leere Loungbar, lässt ein paar pralle Kegeln fallen,
fallen,
in den Quetschfuss zwischen Fahrbahn und
Tramschiene.
Und sind das nicht Arbeitsmappen, die da huschen, ist das nicht ein Rad, das da ziebt im Matsch, quer über den Platz, der ganz frisch und neu den Namen trägt eines alten Kontinents? –
oppulente Könige, unbegehbare Wälder,
karge Hüter und Brüter eines herrlichen Worts: Aufklärung!
Ampel spring gefälligst auf Grün von
deinem Rot!
Spring nicht auf Rot! Dann auf Grün!
Dann auf Rot!
Ein goldener Laserschweif erfasst mich,
schlägt mich zurück und erfasst.
Und ich trete den Heimweg an.
Trete—–
Denn sind das nicht doppelte Gitterzäune,
mit Sensoren versehen, die da, weiter hinten,
den Verwaltungstrakt mit seinem Amt für Rüstung, Bevölkerungsschutz und Sport verkappen wie gläserne Alleen?
Mimikry-Vögel schiessen aus ihnen hervor,
kommt man ihnen an! Und um das
Gebäude der Erziehungsdirektion, ich seh’s von hier, schleicht schon wieder der Schattenmann.
Brennt Löcher mit seiner Funzel in des
Marders Schlupf aus alter Fussmatte
und Bananenkompost.
Schneewasser rieselt jetzt die geschlossenen
Jalousien herab. Sprosse um Sprosse.
Ein Haus, ein Hort, ein Nest, ein Inneres:
verschlossen wie eine Brosche.
Im Herzen der Büro- Agglo- Igelfluren.
Gleich neben dem Hähnchengrill, der Zapfsäule Shell,
der Frisco Lusso- Box.
Da wohne ich!
—-
Ich kenne dieses Nachtlied.
Links die Stallungen, wie verkalkte Zahngläser, rechts der Park mit den Hindernissen und der Hütte,
in die mal eindrang, weil ich nach einem Verirrten, Landesverräter oder Perversen suchte und stattendessen
ein paar Säcke sauren Zements fand.
Urzeiten-Märchen-Mädchen!
Dein Glück ist in keine Form zu giessen!