Eclats de Minutes_Die Geschichte meines Fusses

 

Zuerst wickelte man mich in weisses Garn. (Ich verneige mich vor so viel Verehrung.)

Ich war noch zarter als die Wange meiner Mutter, wenn sie jung errötete.

Dann begann es: mein Zappeln als Goldfischchen in einem zu kleinen Körbchen.

Ich tat etwas, wieder und wieder, entgegen alle meine Vernunft, vielleicht,

hartnäckig und lang. Und siehe da: es ging!

 

Allerdings, es funktionierte nur aus dem Stand. Aus dem Stand ging es weiter:

auf zwei Flächen, Form einer bauchigen Zahl, Länge, die ich fasste:

nicht mehr als ein Schullineal.

 

Nun eroberte ich Flächen, weitläufig, tausendmal grösser als ein Schritt sich denken kann,

mit anderen Worten: Ich kam herum!

 

Immer anders waren diese Flächen. Fühlten sich mal kalt, mal heiss, mal glatt,

dann picksig an. Mehrmals fing ich mir ein Stück Holz, einen Nagel ein, eine

Warze wuchs mir, in umgekehrte Richtung, wie ein Vulkan:

 

da wurde mir ins Gewissen geredet: warum ziehst du denn (auf dem Turnhallenboden)

niemals deine Schuhe an?!

 

Weil ich mit Schuhen nichts sehe und nichts höre! Weil ich es nackt fühlen muss,

dann kann ich es auch glauben! Maman. Glaub mir: so fall ich weniger hin!

 

Ich war ein Freak des Trainings, echt, der Gewohnheit, der Kondition. Doch

auf dem Berg, da liess ich es gerne baumeln.

 

Mitte des Lebens zeigte mir die Verhornung: ich war nun eine weise Pranke,

the Goldfishes had gone!

 

Gegen die vertrockneten Flüsse, die meinen Fersarchipel durchliefen holte ich den

Spachtel, vergeblich, ich war dort, zu unterst, schon richtig weise, bärtiger Mann

aus fünf fleissigen Zappelphilipps …..

 

…wünschte mir sogar manchmal, mein grosse Zehe wäre mein Gesicht,

dann hätte ich vielleicht verstanden, worum es hier geht, im Kopfstand:

 

Ums Gehen …. immer weiter, im Kreis, zurück und wieder hin ….

Asphalt, Schlamm, Parkett und Teppiche, nebenbei dieser schwarze,

steinerne Flur, Einspielen, wie im Fussball, Auslaufen, wie mit dem Kahn.

Niemals ein Söckchen.

Pantinen im Geiste. Denn

 

auf dem Wasser ging’s nicht. Und auch nicht auf dem Seil.

Dann lief etwas gar nicht mehr rund: ein Schwanken drang zu mir durch,

das von Oben kam, vielleicht von der Gehirnantarktis.

Diese Wendungen, die nie erdnah fühlen, nie Blumen riechen,

tappen in herzhaftem Dung, Strassenköter und Urin; diese armen, luftigen Lumpen!

 

Ich wurde hochgelagert, war wie ein unbrauchbarer Besen, rau,  doch tat ich

hochnäsig. Schliesslich, wer zog  alles hinter sich her, Kilometer und Flächen,

die sich jetzt zählten?! Wer anders als ich, musste sie erklettern?! Sicher

nicht, ich nahm nicht die Bahn.

 

Also vergriff ich mich in die Unterlage wie eine Kralle.

Um den Halt nicht zu verlieren, kämpfte ich lange, war stolz. Schliesslich

war ich der einzige gesunde Überlebende, der etwas geleistet hatte,

zu unterst, an diesem verdammten Lumpen, dran!

 

Füsse, die Nesseln räumten, stechende Eicheln zur Seite schoben,

Stroh heimbrachten, eingemachte Dornen, türmten, flohen, von der Vernunft

geleitete Füsse ….sollten das Panorma erblicken, im Alter!

 

Zuletzt zeigte ich in diese und jene Richtung, ruhte wie gebohrt im Sand;

*Sandentadelte! Ich hab zwei davon.

—–

Man wickelte mich nicht in weisses Garn, das alte Tischtuch reichte.

Ich war noch verzworgelter, spröder und aufgerauhter als meine Mutter,

deren Wange kleine Risse bekommen hatte durch das Leiden ….

 

Das Leiden wegen mir …?? Fragten meine Füsse schüchtern…. ähhm….

 

(21.6.22)

Tags: No tags

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *